Was sind die frauenpolitischen Ziele und Visionen der Parteien? Welche Maßnahmen halten sie für zielführend, um mehr Gleichstellung herzustellen? Genau diese Fragen beantwortet der DF-Gleichstellungs-Check und ist damit DER feministische Kompass für Wähler*innen durch das Labyrinth der Wahlprogramme.
Wir rufen alle Wähler*innen auf, bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 #frauenpolitischkritisch zu wählen! Es geht darum, ob in den nächsten vier Jahren Fortschritte für Frauen politisch vorangebracht werden, mit denen ein drohender Rollback verhindert wird. Frauenrechte gehören jetzt erst Recht ganz nach oben auf die politische Agenda.
Im Bundestag sind derzeit nur knapp 31% Frauen vertreten – eine Steigerung ist nicht in Sicht. Das bedeutet, dass Frauen noch immer nicht an allen Entscheidungen angemessen beteiligt sind. Unser Rechtsstaat ist aber nur demokratisch, wenn er auf einer geschlechtergerechten Gesellschaft aufbaut. Es liegt in der Verantwortung der Politik, das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit konsequent und proaktiv zu fördern – in allen Politikfeldern, bei allen Gesetzen und bei allen Maßnahmen um beispielsweise eine eigenständige Existenzsicherung über den Lebensverlauf, Partnerschaftlichkeit und Gewaltfreiheit sicher zu stellen.
Frauenpolitik wird bei der Union vor allem als Realisierung von Chancengleichheit für Frauen und Männer gefasst, dabei wird Familienfreundlichkeit als Markenzeichen der CDU/CSU betont. Unter dem Aspekt der Modernisierung sollen bestehende Benachteiligungen von Frauen erhoben und angegangen werden. „Frauen und Männer sollen gleichberechtigte Wertschätzung erfahren, wenn sie sich in der Familie, im Beruf oder im Ehrenamt engagieren. Deshalb wollen wir die Situation von Frauen in allen Politikfeldern in den Blick nehmen und dort nachsteuern, wo Rahmenbedingungen verbessert werden müssen.“
Gleichstellungspolitik behandelt die Union zentral in dem Kapitel „Gleichberechtigte[n] Chancen für Frauen und Männer“.
Die SPD will ein Jahrzehnt der Gleichstellung. “Bei der großen Aufgabe der Gleichberechtigung der Geschlechter wurde in den letzten Jahrzehnten vieles erreicht, wenn auch lange noch nicht alles. Die Pandemie hat erneut die immer noch ungleichen Chancen von Frauen und Männern gezeigt. Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Sie ist eine Querschnittsaufgabe, die alle Bereiche durchziehen muss.” Bemerkenswert ist, dass die SPD als Ziel zur Erreichung der Gleichstellung von Männern und Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen ein Jahr definiert: 2030.
Die SPD behandelt Gleichstellungspolitik in ihrem Wahlprogramm als Querschnittsthema sowie in einem eigenen Kapitel.
Die FDP ist von einem liberalen Feminismus geleitet, der auf der Rechtsgleichheit aller Geschlechter aufbaut und für alle Individuen Freiheits- und Entfaltungsräume erweitern will. Der liberale Feminismus “strebt die Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen Rollenzuschreibungen aufgrund ihres gewählten oder biologischen Geschlechts an.”
Damit soll Selbstbestimmung möglich sein. Politische Rahmenbedingungen werden nur zurückhaltend oder gar nicht thematisiert. Die FDP benennt in ihrem Programm stellenweise gleichstellungsrelevante Themen, wie z.B. bei der Pflege, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder bei Menschenrechten. Als Querschnittsthema in diversen Politikbereichen behandelt sie Gleichstellungspolitik nicht.
Für DIE LINKE soll feministische Politik das Geschlechterverhältnis an den „Wurzeln“ verändern – mit einer gerechten Umverteilung zuallererst von Geld, Arbeit und Zeit. Diese Ressourcen werden im Programm gleichstellungspolitisch und auf ihre Wechselwirkungen hin zusammengedacht. Frauen und ihre Arbeit sollen aufgewertet werden. „Wir wollen eine Gesellschaft, in der alle frei, sicher und selbstbestimmt leben können, Zeit für Familie und Freund*innen haben und gleichzeitig einer sinnvollen und gut bezahlten Arbeit nachgehen können. Wir wollen eine Gesellschaft, in der die Frauen genauso an politischen Entscheidungen mitwirken können wie Männer und in der sich das Leben nicht nur um die Lohnarbeit dreht.“
Die LINKE formuliert ihre frauenpolitischen Vorhaben im Programm als Querschnittsthema in unterschiedlichen Politikfeldern sowie in einem eigenen umfassenden Kapitel „Für Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Vielfalt der Geschlechter“.
Feministische Politik wird bei den GRÜNEN durch alle Politikfelder und intersektional gedacht. Frauenpolitik soll deshalb über den gesamten Gesetzgebungsprozess hinweg in allen Politikfeldern umgesetzt werden. Bemerkenswert ist in dem Wahlprogramm der GRÜNEN die direkte Ansprache von Männern. Sie werden in Verantwortung genommen, Gleichstellung als ihre Aufgabe zu betrachten und Sexismus entgegen zu treten. „Feminismus nimmt alle in den Blick und schafft Selbstbestimmung, Teilhabe und Gerechtigkeit. Ziel ist eine Gesellschaft, in der alle unabhängig vom Geschlecht selbstbestimmt leben und auch Frauen überall gleichberechtigt mitgestalten können – von der Arbeitswelt bis in die Parlamente. Das ist eine Aufgabe für alle Geschlechter.“
Die GRÜNEN behandeln ihre frauenpolitische Vorhaben im Wahlprogramm als Querschnittsthema in unterschiedlichen Politikfeldern sowie in einem eigenen umfassenden Kapitel “Wir rücken Feminismus, Queerpolitik und Geschlechtergerechtigkeit in den Fokus”.
Im DF-Gleichstellungs-Check 2021 werden die von den demokratischen Bundestagsparteien vorgelegten Wahlprogramme anhand der DF-Wahlforderungen „Frauenrechte auf die Agenda“ überprüft.
Für weitere Einblicke in die frauenpolitischen Vorhaben der Parteien empfehlen wir unsere Interviews mit den Spitzenkandidat*innen. Diese spannenden Gespräche, die DF-Geschäftsführerin Anja Nordmann mit Armin Laschet, Olaf Scholz, Annalena Baerbock, Christian Lindner und Dietmar Bartsch geführt hat, fokussieren sich kritisch auf die frauen-& gleichstellungspolitischen Inhalte der Wahlprogramme, ohne Abschweifungen. Die Interviews werden ab dem 30.8. auf der DF-Webseite www.frauenrat.de/bundestagswahl und den DF-Social Media-Kanälen veröffentlicht.