Das Bundeskabinett hat den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr verabschiedet. Der Deutsche Frauenrat vermisst im Etatentwurf Anschubfinanzierungen für essenzielle frauenpolitische Vorhaben wie das Gewalthilfegesetz, die Lohnersatzleistung für Pflegezeiten und zeigt sich von der Ausgestaltung des sogenannten Kinderpakets enttäuscht.
„Dieser Haushalt ist die letzte Gelegenheit der Ampelregierung ihre selbstgesteckten frauenpolitischen Ziele umzusetzen. Doch mit diesem mutlosen Etatentwurf verfehlt die Bundesregierung ihr Fortschrittsversprechen: Trotz steigender Gewalt gegen Frauen zu wenig Geld für den Gewaltschutz. Trotz Millionen armutsbetroffener Kinder keine armutsfeste Kindergrundsicherung. Trotz Millionen pflegender Angehöriger und Fachkräftemangel keine Lohnersatzleistung für Pflegezeiten. Wir appellieren an die Abgeordneten, hier im parlamentarischen Verfahren nachzubessern,“ sagt die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, Dr. Beate von Miquel.
Obwohl der Etat des Bundesfamilienministeriums im kommenden Jahr steigen soll, sucht man darin vergebens nach der Finanzierung wegweisender gleichstellungspolitischer Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag. Mit Blick auf das letzte Amtsjahr der Bundesregierung drohen alle Maßnahmen, die nicht im Haushalt verbindlich mit Mitteln hinterlegt sind, zu scheitern.
Die Bundesregierung hat stets betont, Gewalt gegen Frauen entschieden bekämpfen und die Istanbul-Konvention vollständig umsetzen zu wollen. Und dennoch scheitert sie daran, das wegweisende und bereits entworfene Gewalthilfegesetz auf den Weg zu bringen und damit das Hilfesystem auskömmlich zu finanzieren. „Mit diesem Haushalt verweigert die Bundesregierung gewaltbetroffenen Frauen Schutz und Unterstützung. Das ist das politische Pendant zur unterlassenen Hilfeleistung,“ so von Miquel weiter.
Nicht hinterlegt sind zudem die Gleichstellungstrategie und der Gleichstellungscheck für Gesetze. „Es ist an der Stelle schon fast zynisch, dass das federführende Bundesfinanzministerium unter Verweis auf die Schuldenbremse Einsparvorgaben macht und gleichzeitig die Verantwortung für gelingende Gleichstellungspolitik den einzelnen Ministerien zuschreibt,“ kritisiert von Miquel.
Nach Krisen, Krieg und Inflation sind zahlreiche Familien auf Unterstützung angewiesen, Tendenz steigend. Dennoch hat die Bundesregierung es nicht geschafft, eine armutsfeste Kindergrundsicherung auf den Weg zu bringen. Mit der pauschalen Kindergelderhöhung um fünf Euro und der Erhöhung des Kinderfreibetrags verfolgt die Bundesregierung nach wie vor eine Familienpolitik, von der vor allem einkommensreiche Familien profitieren. Auch die Erhöhung des Kindersofortzuschlags reicht nicht aus, um diese soziale Schieflage auszugleichen.
Auch in Maßnahmen, die sich positiv auf die Umverteilung der deutlich häufiger von Frauen erbrachten Sorgearbeit auswirken würden, will die Bundesregierung nicht investieren: Die Lohnersatzleistung für Pflegezeiten, die Familienstartzeit oder die Zuschüsse für haushaltsnahe Dienstleistungen tauchen nicht im Haushaltsentwurf auf. Dafür sollen die Ausgaben für das Elterngeld sinken, ganz so, wie es durch die Beschränkung der parallelen Bezugsmöglichkeiten und die Absenkung der Einkommensgrenze zu erwarten war. Die versprochene Ausweitung der Partnermonate sucht man entsprechend vergeblich im Entwurf.
Trotz des Ukrainekrieges und der globalen Klima- und Hungerkrisen will die Ampel erneut harte Einsparungen bei den Bundesministerinnen für Auswärtiges und Entwicklungszusammenarbeit durchsetzen. Die einzigen weitgehend geschlechtergerechten Haushalte der Bundesregierung werden damit abgestraft und ausgetrocknet. Humanitäre Hilfe, zivile Friedensförderung und Krisenprävention sind wichtige Eckpfeiler feministischer Außenpolitik. Diese Mittelstreichungen müssen zurückgenommen werden.
Der DF fordert eine Finanz- und Haushaltspolitik, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt und mutig in die Zukunft investiert. Die Schuldenbremse muss so reformiert werden, dass Deutschland dringend benötigte Investitionen in eine geschlechtergerechte und nachhaltige Zukunft stemmen kann.
Statt an den Zukunftschancen von Frauen, Kindern und marginalisierten Gruppen zu sparen, muss der Staat seine Einnahmen erhöhen. Der DF fordert die Bundesregierung deshalb auf, für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen. Die Abschaffung der Steuerklassenkombination III/V, die verheiratete Frauen seit Jahrzehnten steuerrechtlich benachteiligt, erst zum Jahr 2030 ist an dieser Stelle ambitionslos. Die Abgeordneten im Deutschen Bundestag fordert er auf, die nötigen Kurskorrekturen in der Haushaltspolitik im parlamentarischen Verfahren vorzunehmen.