„Jeden dritten Tag tötet in Deutschland ein Mann seine Frau oder Ex-Partnerin. Die Zahl der Mordversuche ist dreifach so hoch. Frauenmord ist die extreme Form des Frauenhasses, der sich in vielen Abstufungen Bahn bricht: 40 Prozent aller Frauen und Mädchen über 16 Jahren erfahren körperliche und/oder sexualisierte Gewalt im Lauf ihres Lebens, 42 Prozent erleben psychische Gewalt. Die geschlechtsspezifische Gewalt im digitalen Bereich steigt sprunghaft an.
Am heutigen Internationalen Tag zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen weist der Deutsche Frauenrat auf den wachsenden Frauenhass in der realen und virtuellen Welt hin. Dazu sagt Dr. Anja Nordmann, Geschäftsführerin des Deutschen Frauenrats: „Frauenhass ist kein ‚Kollateralschaden‘ einer noch nicht ganz umgesetzten Gleichstellung und schon gar kein ‚privates‘ Problem. Er ist das patriarchale Fundament unserer Gesellschaft. Er ist der Nährboden für die autoritäre, antidemokratische Selbstermächtigung von Männern, die wir aktuell weltweit erleben. Er ist eine Gefahr für unser aller Frieden und für unsere Sicherheit. Der Staat ist in der Pflicht, uns vor dieser Gefahr zu schützen.“
Der Deutsche Frauenrat fordert u. a. einen Nationalen Aktionsplan, der in systematischer Abstimmung, die Anforderungen der Istanbul-Konvention umsetzt. Dieses Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt wurde 2011 als völkerrechtlicher Vertrag ausgearbeitet. Es schafft verbindliche Rechtsnormen gegen Gewalt an Frauen und häusliche Gewalt. In Deutschland trat diese Konvention am 1. Februar 2018 in Kraft. Sie muss zur Grundlage nicht nur für die juristische Praxis zum Sexualstrafrecht werden, sondern für das gesamte politische Handeln. Dazu gehört aus Sicht des DF z. B. ein Arbeitsgremium der Bundesregierung mit Expert*innen aus Beratungsstellen und Zivilgesellschaft zur Entwicklung von wirksamen Maßnahmen gegen digitale Gewalt sowie eine Koordinierungsstelle für Maßnahmen und Projekte. Dazu gehört die Aufnahme der Kategorie „Geschlecht“ in die Polizeikriminalstatistik zu „Hasskriminalität“ für politisch motivierte Straftaten. Denn ähnlich wie bei rassistisch motivierten Straftaten, werden verlässliche Daten über Straftaten gegen Frauen aufgrund ihres Geschlechts benötigt. Mit der Lücke in der Kriminalstatistik geht auch der Forschungsstand einher. Verlässliche und aktuelle Forschung zum Thema Frauenhass ist nötig, um deren Ursachen zu verstehen und zu bekämpfen.
Frauenhass ist kein „Kollateralschaden“. Ein Kommentar von Dr. Anja Nordmann im Tagesspiegel vom 25.11.2019