Am 13. Oktober 2018 gingen in Berlin Hunderttausende auf die Straße. Unter dem Motto #unteilbar setzten sie gemeinsam ein Zeichen gegen jede Form von Ausgrenzung und Feindseligkeit, gegen fortschreitenden Sozialabbau und zunehmenden Rechtspopulismus. Alle Reden, die unterschiedlichste BündnispartnerInnen auf der Auftakt- und Abschlusskundgebung der Demonstration gehalten haben, sind in diesem Band versammelt. Darunter auch der Beitrag von DF-Geschäftsführerin Anja Nordmann, den wir im folgenden dokumentieren.
Ob der Protestmarsch Women’s March in den USA, die „Schwarzer-Montag“-Demonstrationen in Polen, die Proteste von Frauenrechtlerinnen in der Türkei und nicht zuletzt die virtuelle MeToo-Bewegung – es sind großartige und mutige Aktionen des Widerstands gegen selbstgefällige männliche Macht. Sie führen uns vor Augen, wie grundsätzlich und überall die Menschenrechte von Frauen, ihre körperliche und geistige Unversehrtheit, gefährdet sind. Ohne Frauen ist keine Demokratie zu machen!
2018 feiern wir hundert Jahre Frauenwahlrecht. Wir blicken stolz auf fünfzig Jahre autonome Frauenbewegung zurück und würdigen ihre Kraft als bedeutendste soziale Bewegung der vergangenen Dekaden. Der Kampf für ein selbstbestimmtes Leben ohne Gewalt zieht sich wie ein roter Faden durch diese Bewegung. Bis heute führt er Frauenrechtlerinnen und Feministinnen verschiedener Hintergründe, Überzeugungen und Generationen immer wieder zusammen. Denn strukturelle Diskriminierung, körperliche und psychische Gewalt gehören zu unserer Lebensrealität: in der Partnerschaft, am Arbeitsplatz, an öffentlichen Orten und zunehmend auch im virtuellen Raum.
Darüber sollten wir nicht verschämt schweigen. Vielmehr müssen wir darüber offen reden, wir müssen uns empören, und wir müssen unsere Rechte aktiv einfordern. Dafür hat vor einem Jahr die MeToo-Bewegung eine große, eine weltweite Bühne geschaffen. Dort wurde mit großer Wucht die allgegenwärtige Gewalt in aktuellen Geschlechterverhältnissen verhandelt. Jetzt muss gehandelt werden. Wir müssen die politisch Verantwortlichen in die Pflicht nehmen. Wir verlangen Taten statt Worte. Denn die Bedrohung wird größer, je mehr antifeministische, frauenfeindliche Kräfte und Stimmungen im politischen und öffentlichen Raum an Einfluss gewinnen.
Rückwärtsgewandte Familien- und Frauenbilder werden von rechten und rechtsextremen Kräften genutzt, um in der Mitte der Gesellschaft Fuß zu fassen. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, antidemokratisches und rechtsextremes Denken sind kein gesellschaftliches Randproblem. Weltweit erleben wir die Selbstermächtigung von Autokraten, die unsere Freiheit und den Frieden gefährden. Wir erleben die Wiederkehr prädemokratischer Verhältnisse. Wir erleben die Rückkehr eines überwunden geglaubten Patriarchats. Hier und weltweit.
Gleichberechtigung aller Geschlechter, soziale Gerechtigkeit, Gewaltfreiheit und Selbstbestimmung – das sind Grundvoraussetzungen für eine offene und freie Gesellschaft. Eine solche Gesellschaft wird uns nicht geschenkt. Sie muss immer wieder verteidigt werden, denn Frauenrechte und Demokratie sind unteilbar.
Dr. Anja Nordmann, Deutscher Frauenrat
Das Buch ist ein Non-Profit-Projekt zugunsten von #unteilbar und kann für 8 Euro bestellt werden im Online-Shop von digitalcourage.