Am 2. Februar 2021 hat sich das Bundesverfassungsgericht erstmalig mit Geschlechterparität in den Parlamenten beschäftigt. Das Urteil zeigt: Parität ist möglich! Aus der Urteilsbegründung geht klar hervor, dass Paritätsgesetze grundsätzlich ein legitimes Mittel sein können, zu dem der Gesetzgeber greifen kann, um dem Gleichstellungsauftrag aus Art. 3, Abs. 2, Satz 2 GG bei Gestaltung des Wahlrechts nachzukommen. Damit weicht das Bundesverfassungsgericht deutlich von den Urteilen der Landesverfassungsgerichte in Brandenburg und Thüringen ab, die die dortigen Paritätsgesetze verworfen hatten.
Zwar ist die Wahlprüfbeschwerde einer Gruppe von Frauen, die sie wegen des geringen Anteils weiblicher Abgeordneter im Bundestag eingereicht hatten, vom Bundesverfassungsgericht für unzulässig erklärt worden. Die Richter*innen wiesen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass sie nicht zu entscheiden hatten, ob ein Paritätsgesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist oder nicht. Gleichwohl bringen Sie die juristische und auch politische Debatte deutlich voran. In Art. 3, Abs. 2, Satz 2 GG sehen sie ein Gleichstellungsgebot, das der Gesetzgeber bei Gestaltung des Wahlrechts zu beachten habe und erkennen ihn als gleichrangig zu den Wahlrechtsgrundsätzen aus Art. 38 und der Parteienfreiheit aus Art. 21 GG. Art 3 GG an. Der Gesetzgeber habe zur Ausgestaltung des Wahlrechts einen großen Spielraum und zwischen Gleichstellungsgebot, Wahlrechtsgrundsätzen und Parteienfreiheit müsse ein angemessener Ausgleich herbeigeführt werden. Diese Aussage stärkt alle, die für eine rechtliche Verankerung von Parität streiten: Viele Verfassungsrechtler*innen sind sich einig: Artikel 3, Abs.2, Satz 2 GG ist hinreichend gewichtig, um Eingriffe in Wahlrechtsgrundsätze und die Parteienautonomie zu rechtfertigen.
Das Urteil unterstreicht die Position des DF: Die Herstellung von Geschlechterparität ist zuallererst eine politische Entscheidung. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, das Wahlrecht so zu gestalten, dass es dem Gleichstellungsgebot gerecht wird und dafür seinen Gestaltungsspielraum zu nutzen. Das hat das BVerfG erneut bestätigt. Das Urteil zeigt auch, wie dringend die politische und juristische Diskussion geführt werden muss. Der Bund muss sich bewegen und Vorschläge für eine paritätische Besetzung von Listen und Direktmandaten im Rahmen der Wahlrechtsreform machen. Die geplante Reformkommission dazu muss zügig eingesetzt werden.
Über 100 Jahren nach Einführung des Frauenwahlrechts ist die paritätische Besetzung der Parlamente immer noch keine Realität. In keinem Parlament in Deutschland sind Frauen zu gleichen Anteilen gleichberechtigt vertreten. Neue Wege hin zu Parität sind möglich – was zählt, ist der politische Wille!