Nachrichten bekommen wir auf unser Smartphone, Technologien verändern Berufe, unsere Netzwerke sind die Sozialen Medien. Digitalisierung spielt eine immer größere Rolle in unserem Leben: Sei es in der Arbeit 4.0, der Programmierung, der Sichtbarkeit im Netz, digitale Gewalt oder Pflege. Die frauenpolitische Dimension dieser Themen wird jedoch kaum beleuchtet.
Den DF interessieren insbesondere die Herausforderungen für Frauen in unserer Gesellschaft. Denn Frauen sollten Gewinnerinnen der Digitalisierung sein! Deshalb erwartete die Teilnehmerinnen der diesjährigen Fachveranstaltung „#dfdigital – Gleichstellung in der Digitalisierung“ am 22. Juni in Berlin ein thematisch breites Programm.
In ihrer Keynote verdeutlichte Dr. Beate Degen, Unternehmensberaterin bei der Firma von E&Y (Ernst & Young), dass unsere Gesellschaft in der digitalen Transformation ohne Frauen versagt. „Die Inklusion von Frauen ist keine moralische oder soziale Debatte mehr, sondern eine ökonomische Notwendigkeit“, sagte Degen. Wir seien auf einem langen Weg der gleichberechtigten digitalen Partizipation, die gelingen könne und gelingen müsse. Dies finge bereits beim Geld an. So verfügten laut Degen nur 40 Prozent aller Frauen in den westlichen Industrieländern der G20-Staaten über ein eigenes Bankkonto. „Bildung und Zugang zum Kapital sind zentrale Voraussetzungen für einen Erfolg der Digitalisierung,“ fasste die Unternehmensberaterin zusammen.
Professorin Barbara Schwarze von der Hochschule Osnabrück ergänzte mit ihrer Expertise die Bestandsaufnahme vor allem um wissenschaftliche Erkenntnisse. Dabei machte Schwarze sehr deutlich: „Digitalisierung war bislang eine History. Wir müssen daraus eine Herstory machen oder besser noch eine Non-Binary-Story.“ Frauen müssten an der Gestaltung des digitalen Wandels stärker mitwirken, aber vor allem müssten sie die Möglichkeit der Mitwirkung haben. So würden beispielsweise deutlich mehr Männer von ihrem Arbeitgeber mit digitalen Geräten ausgestattet werden, sie erhielten auch deutlich mehr Schulungen im Themenfeld Digitalisierung als Frauen. Daher, so Schwarzes Plädoyer: „Für Gleichstellung in der Digitalisierung zu sorgen, das wäre „eine schöne Aufgabe für den Deutschen Frauenrat“.
Nach den Hauptvorträgen folgten vier Schlaglichter. So bekamen die Gäste die Gelegenheit kurze Botschaften zu unterschiedlichen Aspekten der Digitalisierung mitzunehmen. Lorena Jaume-Palasí von Algorithmwatch sprach darüber, wie die vermeintlichen geschlechtsneutralen Algorithmen diskriminierend wirken. Denn Algorithmen werden von einer homogenen Gruppe, meist weißer westlicher Männer, programmiert: „Das, was eine Welt nicht sieht, kann nicht quantifiziert werden,“ so Jaume-Palasí. Maren Heltsche von den DigitalMediaWomen sprach optimistisch über die Chancen, die die Digitalisierung Frauen böte. So könne die digitale Transformation zum Beispiel eine neue Führungskultur schaffen. Das dritte Schlaglicht über digitale Gewalt von Anna Hartmann vom bff (Frauen gegen Gewalt e.V.) zeigte eine sehr große Problemlage. So erlebt nach einer Umfrage von Amnesty International bereits heute jede 4. Frau digitale Gewalt. Für diese reale geschlechtsspezifische Gewalt müsse ein deutlich breiteres gesellschaftliches Bewusstsein geschaffen werden. Thilo Veith, Geschäftsführer von Töchter & Söhne GmbH, veranschaulichte im Schlaglicht zu häuslicher Pflege, dass Frauen die Hauptarbeit in der häuslichen Pflege leisten und dabei Unterstützung bräuchten. Digitalisierung böte eine große Chance, die häusliche Pflege, beispielweise durch Schulungen, zu unterstützen und hätte großes Potenzial für den Pflegebereich.
Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion mit Vertreter*innen aus Politik und Zivilgesellschaft: Lars Klingbeil (SPD), Thomas Heilmann (CDU), Malte Spitz (GRÜNE), Mona Küppers (DF) und Prof.`in Barbara Schwarze (Initiative D21) sprachen über digitale Strategien und die Herausforderungen, die sich daraus für die Politik ergeben. Die Diskussion verdeutlichte, wie wichtig es ist, die frauenpolitische Perspektive in der Debatte um die digitale Transformation nicht zu vernachlässigen, sondern als Querschnittsthema in allen Digitalisierungsthemenfeldern zu berücksichtigen.
Damit Frauen zu den Gewinnerinnen des digitalen Zeitalters zählen, wird sich der DF dafür einsetzen, dass die notwendigen politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden und Gleichstellung in der Digitalisierung als Querschnittsthema in allen Ressorts gesetzt wird.
Abstract Prof. Barbara Schwarze
Präsentation Prof. Barbara Schwarze
Twitter-Dokumentation der Veranstaltung auf #dfdigital
Mitschnitt der Podiumsdiskussion vom Kulturradio des rbb
Alle Fotos: Carolin Weinkopf