Eine neue Strategie für ein Europa der Gleichstellung

Aktuelles | 11. März 2020

Am 5. März hat die EU-Kommission ihre neue Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter vorgestellt. Anlässlich des Internationalen Frauentags traten Vera Jourová, EU-Kommissarin für Werte und Transparenz und ihre Kollegin Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichstellung, damit gemeinsam vor die Presse.

Die Strategie verfolgt sechs Großziele:

  • Freiheit von Gewalt und Stereotypen
  • Entfaltung einer geschlechtergerechten Wirtschaft
  • Gleichberechtigte Führungsverantwortung in der Gesellschaft
  • Gender Mainstreaming und eine intersektionelle Perspektive in der EU-Politik
  • Finanzierung von Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der EU
  • Förderung der Gleichstellung der Geschlechter und Stärkung der Rolle der Frau weltweit

Die Europäische Frauenlobby (EWL), der größte Zusammenschluss von Frauenverbänden in der Europäischen Union, begrüßt die neue Strategie und das darin bekundete Engagement der EU-Kommission, die Gleichstellung von Frauen und Männern wieder ins Zentrum der EU-Politik zu rücken. Die EWL unterstreicht in einer ersten Stellungnahme folgende Punkte:

Mit Blick auf die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist es positiv, dass die Kommission dem EU-Betritt zur Istanbul-Konvention obere Priorität beimisst. Allerdings gibt es bei einigen EU-Mitgliedstaaten erhebliche Widerstände gegen diese Konvention. Deshalb heißt es einschränkend, die EU-Kommission wolle, falls die Blockade anhalten sollte, im Jahr 2021 „Maßnahmen im Rahmen der Zuständigkeit der EU“ vorschlagen, mit denen die gleichen Ziele wie mit der Istanbul-Konvention erreicht werden sollten. Außerdem plant die Kommission eine Initiative, um die Kriminalitätsbereiche, in denen eine EU-Harmonisierung möglich ist, auf bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Gewalt auszuweiten. Diese Einschränkung sieht die EWL kritisch; sie fordert die Kommission stattdessen auf, alle Formen von Gewalt gegen Frauen und Mädchen in EU-Straftatbestände mit einzubeziehen. Ein solcher Schritt, so die EWL, ebne den Weg für eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die auch sexuelle Ausbeutung und Online-Gewalt einschließe.

Beim Thema geschlechtergerechte Wirtschaft begrüßt die EWL, dass die Strategie der ungleich verteilten unbezahlten Sorgearbeit zentrale Bedeutung beimisst. Sie bringt hier ihre Forderung nach einem „Care Deal for Europe“ ein, der die Sorgearbeit in den Mittelpunkt einer neuen, feministischen Wirtschaftsordnung stellen soll.

Die EWL lobt den neuerlichen Vorstoß der Kommission für eine EU-Richtlinie „zur Gewährleistung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern in den Leitungsorganen von Unternehmen“ zu machen (Führungspositionen-Richtlinie). Als Zielmarke nennt die Strategie eine Geschlechterquote von mindestens 40 Prozent „der nichtgeschäftsführenden Mitglieder … in den Leitungsorganen von Unternehmen“. Die Frauenlobby begrüßt auch nachdrücklich, dass die Kommission bei der Sicherstellung der Parität bei den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament und in ihrer eigenen Geschäftsführung aktiv werden will. Die Kommission hat sich selbst zum Ziel gesetzt, bis Ende 2024 auf allen ihren Führungsebenen Geschlechterparität zu erreichen. Die EWL fordert die Kommission darüber hinaus auf, diese Maßnahmen zu nutzen, um mehr Frauen in den Vorständen aller öffentlichen Einrichtungen in der EU zu fördern und die Mitgliedstaaten zu ermutigen, Gesetze zu verabschieden, die eine gleichberechtigte Vertretung aller Frauen in allen Entscheidungsbereichen gewährleisten.

Die EWL hebt auch die in der Strategie formulierte Verpflichtung hervor, eine Geschlechterperspektive in alle EU-Politiken und wichtigen Initiativen der Kommission zu integrieren, namentlich in Politikfelder wie Klimawandel, Gesundheit, Digitalisierung aber auch in den EU-Haushalt. Dazu heißt es in der neuen Strategie: Die Vorschläge der Kommission für den mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) stellen sicher, dass das Thema der Gleichstellung im gesamten Finanzrahmen sowie insbesondere in verschiedenen Finanz- und Haushaltsgarantieinstrumenten der EU berücksichtigt wird.“  Die EWL fordert hier die vollständige Umsetzung eines Gender-Budgeting.

Nicht zuletzt fordert die EWL mehr Ressourcen für Frauenorganisationen innerhalb und außerhalb der EU. Denn nur so könne das notwendige Engagement der weiblichen Zivilgesellschaft in und für Europa gewährleistet werden.

Die Europäische Frauenlobby vertritt nationale Dachverbände, sogenannte Koordinationen, aus allen EU-Mitgliedsstaaten, drei Beitrittsländern, einem EFTA-Land sowie 18 europaweite Organisationen. Gemeinsam repräsentieren sie rund 2.000 Frauenorganisationen und -verbände. Der Deutsche Frauenrat ist Gründungsmitglied der EWL. Der neuen EU-Gleichstellungsstrategie ging jahreslange Lobbyarbeit voraus. Die Mitgliedsverbände der EWL hatten vor, während und nach den EU-Wahlen 2019 entsprechende Forderungen und Empfehlungen für eine solche Strategie intensiv auf ihrer jeweiligen nationalen Ebene eingebracht.

 

Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 (deutsche Fassung)

A Union of Equality: Gender Equality Strategy 2020-2025 (englische Fassung)

EWL-Stellungnahme vom 5. März 2020

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