Mit einem Aufruf zur Verteidigung der Demokratie und Frauenrechte ist die Mitgliederversammlung des Deutschen Frauenrats am 25. Juni 2017 in Berlin zu Ende gegangen. Zwei Tage lang diskutierten die über 100 Delegierten aktuelle Herausforderungen, legten die politischen Schwerpunkte für das kommende Jahr fest, bestimmten Positionen und verabschiedeten ein Grundwerte-Papier.
Eröffnet wurde die Mitgliederversammlung mit einem Auftritt der neuen Bundesfrauenministerin Katarina Barley (SPD). Der Deutsche Frauenrat sei „einer unserer allerwichtigsten Verbündeten“ im Kampf für Frauenrechte sagte sie. „Die Demokratie ist längst nicht so sicher, wie wir geglaubt haben“, warnte sie mit Blick auf rechtspopulistische und -extreme Bewegungen nicht nur in Deutschland, sondern europa- und weltweit: „Wenn Frauenrechte angegriffen werden, trifft das jede und jeden, es ist ein Angriff auf die Demokratie.“ Die Parlamentarische Staatssekretärin Elke Ferner, die sich zur neuen Legislaturperiode aus dem Bundestag und damit auch aus Regierungsämtern verabschiedet, nutzte ihren Abschied von den Delegierten des DF, um sich für die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Sie kündigte an, sich weiterhin aktiv für Frauenrechte in der Zivilgesellschaft zu engagieren. Ihr nächstes Projekt sei ein Paritätsgesetz für Deutschland nach französischem Vorbild.
Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat der Deutsche Frauenrat seine Grundsätze niedergelegt. Ein entsprechendes Papier zum Selbstverständnis und den Werten der Frauenlobby wurde nach mehrjähriger Vorarbeit verabschiedet. Es trägt den Titel „Eine starke Demokratie – nur mit Geschlechtergerechtigkeit“.
Diskutiert und verabschiedet wurden auch die Arbeitsergebnisse der drei Fachausschüsse „Bundestagswahl 2017“, „Frauengesundheit“ und „Flucht und Integration“, die im vergangenen Jahr von der Mitgliederversammlung eingerichtet worden waren. Die drei umfassenden Positionspapiere mit Forderungskatalogen sind ab sofort Beschlusslage für die zentralen Themenfelder des Deutschen Frauenrats.
Der Fachausschuss Bundestagswahl 2017 wird seine Arbeit noch bis Ende 2017, d. h. über die Koalitionsverhandlungen der neuen Regierung hinaus weiterführen. Der Fachausschuss „Flucht und Integration“ wurde für ein weiteres Jahr mit konkreten Aufgabenstellungen zur Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit verlängert. Ein neuer Fachausschuss „Digitale Transformation“ soll das Schwerpunktthema „Digitalisierung und die Auswirkungen auf die Lebensbereiche von Frauen“ passgerecht für den DF aufarbeiten. Drei weitere Schwerpunktthemen, „Geschlechtervielfalt im gesellschaftlichen Diskurs“, „Sorgearbeit“ und „Geschlechtergerechte Haushaltspolitik – strukturierte Finanzierung der Gleichstellungspolitik“, stehen für das neue Geschäftsjahr auf der Agenda.
Die Mitgliederversammlung wiederholte die Zustimmung des Deutschen Frauenrats zum Zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung und forderte diese auf, die Empfehlungen der Sachverständigenkommission zur Umsetzung von Gleichstellung im Lebensverlauf unverzüglich anzugehen. Darüber hinaus wurden u.a. folgende Forderungen beschlossen: ein Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit; die Berücksichtigung des Mutterschutzes bei der Rente; eine differenzierte Bewertung des sogenannten Wechselmodells für Getrennterziehende; eine stärkere Ahndung digitaler Gewalt gegen Frauen; ein bundesweites, ganzheitliches und interdisziplinäres Hilfesystem bei Gewalt gegen Frauen. Mit Blick auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Aufhebung von Kinder- bzw. Minderjährigen-Ehen fordert der Deutsche Frauenrat eine stärkere Ausrichtung auf das spezifische Wohl des Kindes. Darüber hinaus lehnt er ein generelles Verbot der Vollverschleierung in Deutschland ab.
Kleinere personelle Veränderungen gab es im Vorstand: Mit Birte Siemonsen (BPW Germany), die zur Leiterin des neuen Fachausschusses „Digitale Transformation“ gewählt wurde, zieht ein neues Mitglied in das sechsköpfige Führungsgremium des DF ein. Anna-Maria Mette (kfd), zuletzt Leiterin des Fachausschusses „Frauengesundheit“, verließ den Vorstand. Die Mitgliederversammlung dankte ihr für ihr langjähriges Engagement für den DF.
Gleich drei neue neue Mitglieder verstärken ab sofort die Lobby der Frauen. Aufgenommen wurden der Bundesverband der Mütterzentren, die Bundesfrauenkonferenz der Sozialistischen Jugend Deutschlands – die Falken und die Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF).
Mit einer Resolution zur Verteidigung von Demokratie und Frauenrechte endete die zweitägige Mitgliederversammlung am 25. Juni. Darin fordert die Frauenlobby im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 alle KandidatInnen der demokratischen Parteien auf, sich angesichts wachsenden Zuspruchs für Rechtspopulismus und Antifeminismus für eine konsequente lebenslauforientierte Gleichstellungs- und Antidiskriminierungspolitik für Frauen und Männer stark zu machen und im Falle ihrer Wahl umzusetzen. „Sicher geglaubte Rechte von Frauen stehen wieder zur Disposition. Der Deutsche Frauenrat erkennt diese Gefahr. Wird die Kategorie ‚Gender‘ diffamiert und zu einem ideologischen Feindbild erklärt, wird die Basis unserer Gleichstellungpolitik angegriffen.“ Mit diesen Worten hatte Mona Küppers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, die Fachveranstaltung „Keine Alternative zur Demokratie. Strategien gegen Antifeminismus und Rechtspopulismus“ eröffnet. Damit war am 23. Juni, dem Vortag der Mitgliederversammlung, in das Thema eingeführt worden. Die Resolution ist ein Ergebnis dieser Konferenz.
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