GroKo muss gleichstellungspolitischen Reformstau auflösen

Pressemitteilung | 24. Januar 2018

Nachdem die SPD den Weg für Koalitionsverhandlungen freigemacht hat, erwartet der Deutsche Frauenrat von allen Verhandlungsparteien deutlich mehr Engagement in Sachen Gleichstellungspolitik.

„Was im Sondierungspapier steht, kann unmöglich alles gewesen sein. Der gleichstellungspolitische Reformstau in Deutschland ist groß. Die neue GroKo muss ihn endlich auflösen. Denn wir können ihn uns schon aus volkswirtschaftlichen Gründen nicht länger leisten“, so Mona Küppers, Vorsitzende des Deutschen Frauenrats.

Folgende Themen müssen aus Sicht der Frauenlobby nachgebessert und Eingang in den Koalitionsvertrag finden:

Gleichstellung
Für eine effektive und abgestimmte bundesweite Gleichstellungspolitik ist eine nationale Service- und Monitoringstelle unverzichtbar.

Schutz vor und Bekämpfung von Gewalt
Mit dem Aktionsprogramm zur Bekämpfung von Gewalt gegenüber Frauen und Kindern werden wichtige Weichen gestellt. Damit es wirksam werden kann, muss ein definierter Finanzrahmen zur Verfügung gestellt werden. Rechtliche Rahmenbedingungen sind notwendig, damit von Gewalt betroffene Frauen einen niedrigschwelligen Zugang zu Schutz und Hilfe erhalten. Daher ist der Runde Tisch für den gesicherten Zugang zu Schutz und Beratung von Frauen und für die finanzielle Absicherung der Hilfesysteme besonders zu begrüßen. Die Hilfesysteme müssen endlich personell besser ausgestattet werden.

Die Bundesregierung bekennt sich zu einer Gesellschaft frei von Sexismus und Gewalt gegen Frauen.

Die vollständige Umsetzung der Istanbul-Konvention und die Einrichtung einer Koordinierungs- und unabhängigen Monitoringstelle sind unverzichtbar.

Die anonymisierte Beweissicherung nach Gewalt- und Missbrauchsfällen für ganz Deutschland ist zu begrüßen. Damit dies gelingt, ist ein standardisiertes Vorgehen für die Spurensicherung und die Untersuchungen erforderlich.

Verbandsklagerecht
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes muss endlich mit einem Verbandsklagerecht ausgestattet werden, um gezielte Beratungs- und Unterstützungsangebote gewährleisten zu können.

Quote
Der Geltungsbereich des Gesetzes muss auf weitere Unternehmen ausgedehnt werden. Die Pflicht zur Zielgrößenformulierung ist zu begrüßen. Es müssen dabei jedoch klare Vorgaben gemacht und Stufen und Quoten festgelegt werden.

Parität
Die Parteispitzen von CDU und SPD haben vor den Bundestagswahlen die geschlechterparitätische Besetzung zumindest der neuen Bundesregierung in Aussicht gestellt. Diese Absichtserklärungen müssen in den Verhandlungsergebnissen ihren Niederschlag finden. Für die Umsetzung von Geschlechterparität im Bundestag ist eine Wahlrechtsreform notwendig.

Entgeltgleichheit
Das Entgelttransparenzgesetz muss auf Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten ausgedehnt und um ein Verbandsklagerecht erweitert werden.

Geringfügig entlohnte Arbeit
Die sogenannten Minijobs müssen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt werden.

Rückkehrrecht auf Vollzeit
Das Recht auf befristete Teilzeit ist zu begrüßen. Die geplante Zumutbarkeitsgrenze ist jedoch kontraproduktiv. Sie kann unter den Beschäftigten zu einer Konkurrenzsituation und zur Bevorzugung weniger führen. Hier ist eine andere Lösung erforderlich.

Aufwertung der SAHGE-Berufe
Tätigkeiten in den Bereichen soziale Arbeit, haushaltsnahe Dienstleistungen, Gesundheit und Pflege sowie Erziehung müssen aufgewertet werden. Für die Berufsgesetze und Ausbildungsverordnungen sollen bundesweite Ausbildungsstandards geschaffen werden.

Familienzeitmodelle
Hier muss der Partnerschaftsbonus ausgeweitet werden.

Ehegattensplitting
Die Steuerklasse V ist abzuschaffen.

Alleinerziehende
Die Tatsache, dass Alleinerziehende nach der Reform des Unterhaltsvorschusses weniger Geld zur Verfügung haben als vorher, ist unhaltbar. Der Kinderzuschlag, das Wohngeld oder der Anspruch auf das Bildungs- und Teilhabepaket dürfen nicht wie bisher auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet werden, um eine Schnittstellenproblematik zu verhindern.

Frauengesundheit
Ein Bekenntnis zur wohnortnahen Gesundheitsversorgung ist sehr zu begrüßen. Diese muss mit entsprechenden Maßnahmen und Ressourcen unterlegt und um das Thema Pflegefachkräfte ergänzt werden.

Eine geschlechtergerechte Gesundheitspolitik benötigt fundierte Daten und Fakten. Um diese sicher zu stellen, ist es notwendig, dass die Bundesregierung in jeder Legislaturperiode eine Berichterstattung zur Frauengesundheit für Deutschland, analog zum Verfahren zur Erstellung des Gleichstellungsberichts der Bundesregierung, vorlegt. Damit können Fortschritte dokumentiert, Defizite offengelegt und entsprechende Konsequenzen gezogen werden.

Familiennachzug für subsidiär Geschützte
Das Ergebnis aus den Sondierungsverhandlungen, d.h. eine Beschränkung auf 1.000 Menschen pro Monat, schiebt das Problem hinaus. Noch längere Wartezeiten stellen eine erhebliche Belastung für alle Betroffenen dar. Da die Familie ein entscheidender Faktor für die Integration ist, muss der Nachzug unverzüglich wieder erlaubt und das Bearbeitungsverfahren beschleunigt werden.

Zuwanderungsgesetz
Die Schaffung eines „modernen, in sich konsistenten Migrationsrechts“ ist zu begrüßen. Dabei muss auch das Kriterium der Geschlechtergerechtigkeit bei der Migration zugrunde gelegt werden.

Digitales Deutsches Frauenarchiv
Die wissenschaftliche Aufarbeitung der deutschen Frauenbewegung muss fortgeführt werden. Deshalb benötigt das Digitale Deutsche Frauenarchiv ab 2020 eine institutionalisierte Förderung.

Mit dem Format GleichstellungsCheck begleitet der Deutsche Frauenrat die Bundestagswahl 2017.

Der Deutsche Frauenrat ist Mitglied im Bündnis der Berliner Erklärung 2017.

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Weiterführende Informationen

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