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Resolution: Gleichstellung im Regierungshandeln nachhaltig verankern, freiheitliche Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt sichern

Beschlüsse | 27. Juni 2025

Weltweit, und auch in Deutschland, greifen Rechtspopulist*innen und Rechtsextreme gezielt grundlegende Frauenrechte und frauenpolitische Errungenschaften an, gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die freiheitliche Demokratie. Angesichts der Angriffe, die einige Gruppen besonders in den Fokus nehmen, sind Solidarität und die Verteidigung gemeinsamer Werte, von Geschlechtergerechtigkeit und von Menschenrechten unverzichtbar. Als größter frauenpolitischer Dachverband in Deutschland ist das zugleich Aufgabe und Stärke des Deutschen Frauenrats.

Die neue Bundesregierung hat in dieser Situation einen Koalitionsvertrag vorgelegt, der dem Wortlaut nach Gleichstellung von Frauen und Männern priorisiert, einzelne Forderungen des Deutschen Frauenrats aufgreift und wenige konkrete Maßnahmen explizit benennt. Angesichts der zunehmenden weltweiten Herausforderungen ist es umso wichtiger, in den kommenden Monaten den Koalitionsvertrag in konkrete und wirksame Maßnahmen zu übersetzen, um der Bedrohung frauenpolitischer Errungenschaften überzeugend entgegenzutreten.

Dank der finanziellen Spielräume durch das Sondervermögen für Infrastruktur hat die Regierung die historische Chance, die Zukunft geschlechtergerechter zu gestalten. Daher drängen wir als Deutscher Frauenrat darauf, die Ausgaben geschlechtergerecht einzusetzen und Gleichstellung endlich voranzubringen. Investitionen in Gleichstellung sind Investitionen in die Zukunft!

Gerade hinsichtlich der zentralen Gleichstellungsinstrumente weist der Koalitionsvertrag fatale Leerstellen auf: Gleichstellungscheck und Gender Budgeting fehlen. Zudem beharrt die Bundesregierung mit Blick auf den regulären Bundeshaushalt auf einem sozial brandgefährlichen Sparkurs, der insbesondere Frauen hart trifft. Sie sind auf eine gute, flächendeckende und möglichst kostenfreie Daseinsvorsorge sowie eine funktionierende soziale Infrastruktur in besonderem Maße angewiesen. Ein handlungsfähiger Staat muss jenseits des vereinbarten Sondervermögens seine Einnahmen nachhaltig stärken: durch eine Steuerreform, die mit einer gerechten Vermögens-, Einkommens- und Erbschaftssteuer sowie einer Finanztransaktionssteuer öffentliche Haushalte stärkt und diejenigen in die Pflicht nimmt, die mehr zum Gemeinwohl beitragen können.

Der Koalitionsvertrag erkennt zu Recht, dass die Sicherung von Fachkräften eine gleichberechtigte Teilhabe an Erwerbsarbeit sowie die faire Verteilung von unbezahlter Sorgearbeit voraussetzt. Dass notwendige Maßnahmen zur Weiterentwicklung passender Rahmenbedingungen für eine geschlechtergerechte Vereinbarkeit geplant sind, ist richtig und wichtig. Nun kommt es darauf an, Vorhaben wie die partnerschaftliche Weiterentwicklung des Elterngelds, die Familienpflegezeit und die Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie tatsächlich und wirksam anzugehen. Dazu gehören auch eine geschlechtergerechte Ehegattenbesteuerung und die Überführung der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung.

Demokratie braucht die Beteiligung aller. Erneut ist der Frauenanteil im Deutschen Bundestag gesunken und immer noch sind Frauen in den Führungspositionen von Wirtschaft, Verwaltung, Wissenschaft und Kultur unterrepräsentiert. Das darf nicht so bleiben.

Der Deutsche Frauenrat erwartet von der Bundesregierung:

  • Die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie umgehend mit Inhalten zu füllen sowie verbindlich auszugestalten und dabei den Frauenrat und die Expertise der weiblichen Zivilgesellschaft einzubeziehen.
  • Mit Nachdruck Maßnahmen einzuführen, um die wehrhafte Demokratie, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die vielfältige Zivilgesellschaft zu stärken. Dazu gehört, frauenpolitische Akteur*innen finanziell und rechtlich abzusichern, Frauen in all ihrer Vielfalt rechtlich anzuerkennen und klar Stellung zu beziehen gegen politische Kräfte, die auf Spaltung, Verunsicherung und Abbau von Grundrechten zielen.
  • Repräsentanz und Teilhabe zu stärken und ein verfassungskonformes Paritätsgesetz vorzulegen, damit Frauen gleichberechtigt an den politischen Entscheidungen beteiligt werden. Zudem muss das Führungspositionen-Gesetz mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe in Aufsichtsräten und Vorständen weiterentwickelt werden.
  • Finanzielle Spielräume gleichstellungspolitisch zu nutzen und die Auswirkungen der Ausgaben auf die Geschlechter zu berücksichtigen, um Geschlechterungleichheiten aktiv entgegenzusteuern. Öffentliche Haushalte müssen durch die höhere Besteuerung von Vermögen, hohen Einkommen und Erbschaften nachhaltig gestärkt werden.
  • Angesichts multipler Bedrohungen einen umfassenden Sicherheitsbegriff anzuwenden, der u.a. menschliche, soziale und ökonomische Sicherheit einschließt. Dazu gehören Investitionen in Geschlechtergerechtigkeit und Gewaltschutz sowie Klimaschutz weltweit.
  • Auf menschenverachtende migrationspolitische Vorhaben zu verzichten, die insbesondere Frauen mit Migrations- und Fluchtgeschichte, Familien sowie queere Personen treffen. Stattdessen ist der Einsatz für eine konstruktive und ressourcenstarke Gestaltung der Migrationsgesellschaft erforderlich.
  • Das Grundrecht auf eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu wahren und inklusionsfeindlichen Narrativen entgegenzuwirken, die insbesondere Frauen mit Beeinträchtigungen, Familien mit behinderten Kindern sowie pflegende Angehörige treffen.
  • Mit den massiven Investitionen in den Verteidigungssektor demokratische Debatten um Verteidigungsausgaben und Sicherheitsfragen, eine verstärkte völkerrechtliche Kontrolle der Rüstungsexporte und eine frauen- und diversitätssensible Reform der Bundeswehr anzustoßen.

Eine Gesellschaft, in der alle Frauen und Mädchen sicher und gut leben können, ist die Vision des Deutschen Frauenrats. Gesellschaften mit einem hohen Grad an Gleichstellung sind sicherer, gerechter, offener, produktiver – und nicht zuletzt glücklicher. Mit diesem Ziel wird der Deutsche Frauenrat die Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer gleichstellungspolitischen Vorhaben in den kommenden Jahren begleiten – mutig, kritisch und lautstark.

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