Themen / Gesundheit

Schwerpunktthema: Geschlecht bei Gesundheit und Krankheit berücksichtigen: Für eine geschlechter- und diversitätskritische sowie barrierefreie Gesundheitsvorsorge und -versorgung.

Beschlüsse | 27. Juni 2024

Begründung

Seit über 40 Jahren kämpfen Frauen für Veränderungen in der primär an männlichen
Probanden und Patienten ausgerichteten medizinischen Forschung und gesundheitlichen
Versorgung. Trotzdem finden sich geschlechtsspezifische Unterscheidungen weder ausreichend in der Forschung noch in der Versorgung wieder. Deshalb ist es dringend notwendig, wissenschaftliche Erkenntnisse in Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation sowie die Gesunderhaltung von Mädchen und Frauen in besonderen physiologischen Lebenslagen und -abschnitten zu berücksichtigen. Medikamente können aufgrund physiologischer Parameter bei Frauen und Männern unterschiedlich wirken. Dennoch findet Pharmakologie- und Grundlagenforschung meist an männlichen Versuchstieren bzw. Probanden statt. Eine geschlechterspezifische Betrachtungsweise wird kaum als Vorbedingung für Forschungsvorhaben erwähnt oder gefordert, entsprechende Vorgaben für deren finanzielle Förderung fehlen.

Im Rahmen der Digitalisierung im Gesundheitswesen werden die analogen gesundheitsspezifischen Daten mit oft fehlenden geschlechtsspezifischen Grundlagen verwendet und durch Algorithmen verarbeitet. Wenn bei der Übernahme der Daten nicht explizit auf geschlechtsspezifische Unterschiede und Ergebnisse geachtet wird, wird der Status Quo erhalten bzw. verschärft sich der bestehende Gender Gap für die Zukunft. Die Nichtbeachtung des biologischen Geschlechtes bei Krankheitssymptomen, bei der Diagnostik und Behandlung beinhaltet für Frauen oft die Gefahr von Fehl-, Unter- und Überbehandlungen mit gesundheitlichen Nachteilen für die Betroffenen bis hin zum Tod. Auch die Salutogenese muss stärker in den Fokus gerückt werden. Werden geschlechtsspezifische Aspekte nicht frühzeitig berücksichtigt, entstehen unnötige Kosten im Gesundheitswesen.

Für die Betrachtung einer geschlechtergerechten Gesundheitsversorgung muss neben dem biologischen Geschlecht (engl.: Sex) auch das soziologische Geschlecht (engl.: Gender) einbezogen werden. Hier gilt es, auch die Auswirkungen von Rollenstereotypen sowohl bei Krankheit, aber auch bei Gesundheit und präventivem Verhalten mit einzubeziehen. Mit zunehmender Sensibilisierung für intersektionale Verschränkungen verschiedener Diskriminierungsformen geht auch eine differenzierte Betrachtung von Gesundheit und Krankheit unter Einbezug der Faktoren wie geschlechtliche Identität, Alter, sexuelle Orientierung, soziale Lage, physische und psychische Beeinträchtigung sowie Ausgrenzungserfahrung und Migrationshintergrund einher. Weiterhin sind die gesundheitlichen Folgen von Gewalt insbesondere gegen Frauen, einzubeziehen. Der Deutsche Frauenrat als Interessenvertretung der Frauen muss deshalb eine geschlechtersensible und barrierefreie Gesundheitsversorgung einfordern, die Intersektionalität berücksichtigt.

 

Ziele und Ergebnisse
  • Bestandaufnahme und daraus abgeleitete Forderungen und Lobbying
    zur Gesundheit von Frauen und Männern in Deutschland und deren
    geschlechtsspezifischer Ungleichheit,
  • zur geschlechtsspezifischen Medizin unter Berücksichtigung von
    Intersektionalität in Deutschland und deren Umsetzung, insbesondere mit Blick
    auf gendersensible und geschlechterspezifische Standards in allen Berufen im
    Gesundheitswesen,
  • zur Berücksichtigung von Genderaspekten im Studium der Medizin,
    Zahnmedizin, Psychotherapie, Pharmazie, zur Hebamme und den Ausbildungen
    in Gesundheitsberufen,
  • hinsichtlich der geschlechtersensiblen Erprobung von Medikamenten und der
    Berücksichtigung des Geschlechts in klinischen Studien und Überlegungen, wie
    etablierte Medikamente aus Vorjahren ggf. entsprechend geschlechtssensibel
    nachreguliert werden können;
  • hinsichtlich der geschlechtersensiblen Grundlagenforschung und der
    Erforschung von Erkrankungen, die vor allem Frauen betreffen (z. B.
    Endometriose).
  • zu Lehrstühlen für geschlechtersensible/geschlechtsspezifische Medizin zur
    systematischen Erforschung geschlechtsspezifischer Unterschiede und zur
    Fortentwicklung der medizinischen Ausbildung (Studium).

 

Bearbeitungsweise

[x] Politisches Hearing
[x] Öffentliche Veranstaltung
[x] Fachausschuss
[x] Publikation

 

Zusätzliche Maßnahmen oder Besonderheiten

keine

 

Zeitraum

6/2024 – 6/2026

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