Einen Tag nach dem Internationalen Frauentag hat Frauen- und Familienministerin Franziska Giffey angekündigt, dass sie Väter nach einer Trennung beim Kindesunterhalt entlasten will. Väter könnten demnach künftig weniger zahlen, etwa wenn das Kind Zeit bei ihnen verbringt und ein eigenes Zimmer hat.
„Giffeys Vorhaben, Väter zu entlasten, die sich nach einer Trennung um die gemeinsamen Kinder kümmern, ist in seinem partnerschaftlichen Ansatz zu begrüßen“, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, Susanne Kahl-Passoth. Bei genauerem Hinsehen ignoriert der Vorschlag der Familienministerin jedoch den gesellschaftlichen Status Quo und die Lebensrealität der meisten getrenntlebenden Eltern, die Erwerbs- und Sorgearbeit schon vor der Trennung nicht partnerschaftlich aufgeteilt haben. „Der Vater als Hauptverdiener und die Mutter, die sich um Kind und Haushalt kümmert, starten mit unterschiedlichen Voraussetzungen in die Trennung: Frauen tragen einseitig die negativen ökonomischen Folgen, weil sie noch immer häufig ihre Jobs der Kinderbetreuung opfern, in Teilzeit kleinere Einkommen erwirtschaften und so langfristig schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben,“ moniert Kahl-Passoth. „Wir erwarten deshalb von der Familien- und Frauenministerin, dass Änderungen im Unterhaltsrecht unbedingt die zuvor gelebte und beidseitig getragene Arbeitsteilung in der Familie berücksichtigen und nicht zu Lasten der Existenzsicherung von Kindern in den Haushalten alleinerziehender Frauen gehen,“ unterstreicht Kahl-Passoth.
In Deutschland sind 90 Prozent der Alleinerziehenden Frauen, 44 Prozent der Alleinerziehenden leben mit ihren Kindern in Armut. Nur ein Viertel der getrenntlebenden Väter zahlt den Kindesunterhalt, der dem Kind rechtlich zusteht. Jeder zweite getrenntlebende Vater zahlt gar keinen Kindesunterhalt, weil er nicht kann oder nicht will.
„Die Budgets Alleinerziehender sind meist äußerst knapp. Im Vorhaben der Familienministerin sind die Risikotragenden die Kinder, die hauptsächlich bei ihren Müttern leben: Zahlen Väter anteilig ihrer Betreuung weniger Unterhalt, kommt in den Haushalten entsprechend weniger an. Ob die Mütter allerdings durch das väterliche Engagement tatsächlich Kosten sparen, ist fraglich, vieles spricht für eine Verteuerung: Auch wenn ein Kinderzimmer bis zu zwei Wochen weniger im Monat benutzt wird, kostet es noch lange nicht die Hälfte“, gibt Kahl-Passoth zu bedenken.
„Damit Väter mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen und Mütter existenzsichernd erwerbstätig sein können, brauchen wir endlich eine Familie- und Gleichstellungspolitik, die beides auch während des Zusammenlebens der Eltern aktiv fördert. Dazu gehört die Ausweitung der nichtübertragbaren Partnermonate beim Elterngeld, Entgeltgleichheit für Frauen, die Subventionierung haushaltsnaher Dienstleistungen und nicht zuletzt die Abschaffung des Ehegattensplittings“, so Kahl-Passoth.