Der Entwurf der Bundesregierung für ein Zweites Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) hat nach Auffassung des Deutschen Frauenrates neben richtigen Ansätzen auch erhebliche Schwachstellen.
Kritisch bewertet die Frauenlobby vor allem die im Entwurf formulierte Annahme, dass Pflege zuhause und weitestgehend in der Familie (von Töchtern, Ehefrauen, Schwiegertöchtern usw.) bzw. als ehrenamtliche Tätigkeit von ganz überwiegend Frauen erbracht wird. Dieses Prinzip erfährt eine massive Aufwertung, indem im vorliegenden Gesetzentwurf klar formuliert wird, dass das Ehrenamt zu stärken ist. In der Praxis bedeutet es häufig eine immense, tägliche Belastung der Pflegenden. Die Chance, mit ausreichenden Investitionen in die professionelle Pflegeinfrastruktur Arbeit und mit Einkommen zusätzlichen Wohlstand zu schaffen, wird verpasst.
Der Deutsche Frauenrat sieht darüber hinaus die Gefahr, dass sich die unbezahlte aber selbstverständliche Inanspruchnahme von Frauen weiter verschärfen wird. Aufgrund knapper Mittel und der Herausforderungen, die durch den demografischen Wandel entstehen, wird es zu einer weiteren Individualisierung der Pflichten zur familiären Pflege kommen. Hinzu kommt, dass einige der wenigen Maßnahmen, die noch im Referentenentwurf der Entlastung der pflegenden Angehörigen dienen sollten, im vorliegenden Gesetzentwurf keine Berücksichtigung mehr finden. So ist nun nicht mehr vorgesehen, die Kurzzeitpflege auf acht Wochen pro Jahr auszubauen. Ebenso werden die Pflegekassen nicht mehr verpflichtet, unentgeltliche Schulungen für pflegende Angehörige und andere ehrenamtlich Pflegende anzubieten.
Auch die Beschäftigten in den pflegerischen Berufen sind zum Großteil Frauen. Der Gesetzentwurf sieht ein weiteres Mal keinerlei nachhaltige Verbesserung der in der Pflege herrschenden Arbeitsbedingungen vor. Der Deutsche Frauenrat fordert deshalb, die im Koalitionsvertrag angekündigten Verbesserungen für die in der Pflege Beschäftigten umzusetzen.