Das vergangene Jahr stand für den DF zunächst ganz im Zeichen der Bundestagswahl, die wir mit unserer viel beachteten Kampagne DF-Küchengespräche begleiteten. Angesichts der verheerenden Auswirkungen der Corona-Krise für Frauen galt es mehr denn je, eine ehrgeizige Gleichstellungspolitik zu fordern, um eine Retraditionalisierung der Geschlechterbeziehungen aufzuhalten. Dafür zogen wir an zwei Strängen: Zum einen trugen wir unsere aktuellen Wahlforderungen mit Maßnahmen für gute Gleichstellungspolitik an die Politik heran. Zum anderen riefen wir mit unserer Kampagne die Wähler*innen auf, frauenpolitisch kritisch zu wählen. Mit exklusiven Interviews der Spitzenkandidat*innen und einem Gleichstellungs-Check der Wahlprogramme legten wir offen, wieviel Gleichstellung in den demokratischen Bundestagsparteien steckt. Alle Spitzenkandidat*innen folgten unserer Einladung zum frauenpolitischen Austausch vor laufender Kamera. Ein voller Erfolg für den DF.
Nach der Wahl forderten wir nachdrücklich, Gleichstellung zum Leitprinzip im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP zu machen. Sein starkes gleichstellungspolitisches Profil werten wir als einen weiteren Erfolg für uns. Die Koalitionsvereinbarungen enthalten zahlreiche Maßnahmen, die der DF und die weibliche Zivilgesellschaft seit Jahren fordern. Nun drängen wir darauf, dass die vielen guten Vertragsvorhaben in die Realität umgesetzt werden. Trotz gleichstellungspolitischer Absichtserklärungen angesichts der Pandemie entwarf die neue Bundesregierung ihren Haushalt, ohne wichtige gleichstellungspolitische Vorhaben zu finanzieren. So fehlen beispielsweise Gelder für die Vaterschaftsfreistellung rund um die Geburt oder für die Entgeltersatzleistung bei Pflegezeiten. Auch der Gewaltschutz erfuhr einen Dämpfer ohne echte Aufstockung der Mittel.
Die Corona-Krise ist noch nicht bewältigt, als im Februar der russische Angriffskrieg auf die Ukraine die nächste große Krise auslöst. Der Überfall ist ein Angriff auf die freiheitliche Demokratie in Europa und hat hierzulande mit dem Ausruf der „Zeitenwende“ sicher geglaubte innenwie außenpolitische Grundsätze über Nacht in Frage gestellt. Die ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen der Verschiebungen politischer Prioritäten sind noch nicht abzusehen. Schon jetzt ist aber klar ist: Der patriarchale Krieg erhöht die Gewalt gegen Frauen und bedroht ihre Rechte. Die neue-alte Logik der russischen Angreifer folgt männlicher bzw. militärischer Stärke und ruft bei Angegriffenen und ihren Unterstützer*innen entsprechende sicherheitspolitische Antworten hervor. Die in Politik und medialer Öffentlichkeit zunehmende Aufrüstungsrhetorik bedroht Frauen- und Gleichstellungspolitik unmittelbar und verdeutlicht, dass die Strukturen der Gleichstellungspolitik dringend und grundlegend gestärkt werden müssen.
Neben Krieg und der nicht überwundenen Corona-Pandemie bedrohen uns Inflation und steigende Lebenshaltungskosten. Letzteres trifft vor allem die von Armut Betroffenen in unserer Gesellschaft, die Klimakrise hingegen gefährdet die Lebensgrundlagen aller. Auf diese Herausforderungen werden in den Fachausschüssen „Armut“ und „Klima“ frauenpolitische Perspektiven erarbeitet. Darüber und mehr lesen Sie im aktuellen DF-Jahresbericht 2021/22.