EU-Mitgliedstaaten und Parlament haben am Dienstagabend nach langem Ringen den Weg frei gemacht für ein EU-Gesetz zum Kampf gegen sexualisierte und häusliche Gewalt. Der Deutsche Frauenrat begrüßt die EU-Gewaltschutzrichtlinie als wegweisend zum Schutz von Frauen und Mädchen in der gesamten EU. Dass jedoch der Tatbestand Vergewaltigung – als einem der schwersten Verbrechen gegenüber Frauen – nicht in die Richtlinie aufgenommen wurde, kritisiert die größte frauenpolitische Interessenvertretung Deutschlands scharf.
„Die Entscheidung des EU-Rats, die Aufnahme von Vergewaltigung in die Richtlinie abzulehnen, ist empörend. Dennoch sendet diese Richtlinie ein wegweisendes Zeichen: Alle Länder in der EU müssen Maßnahmen umsetzen, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu beenden. In Anbetracht eines drohenden Rechtsrucks bei den EU-Wahlen ist das ein Erfolg,“ sagt Sylvia Haller, Mitglied im Vorstand und Verantwortliche für das Schwerpunktthema Gewalt gegen Frauen im Deutschen Frauenrat.
Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten gemeinsame Tatbestände in ihr Strafrecht aufzunehmen, die bislang nicht einheitlich geregelt sind. Beim Tatbestand Vergewaltigung stellte sich unter anderem Deutschland gegen die Aufnahme. Für Betroffene in vielen EU-Staaten bedeutet dies, dass sie weiterhin körperliche Gewalt und Bedrohungen durch den Täter nachweisen müssen.
„Nach Schätzungen werden in der EU jedes Jahr mindestens 1,5 Millionen Frauen vergewaltigt. Aus nationalen Studien wissen wir, dass es am Ende bei nur rund 1% der Fälle zu einer Verurteilung kommt. Trotz dieses offensichtlichen Handlungsbedarfs haben einige wenige Mitgliedstaaten aktiv Frauen Schutz verwehrt. Darunter leider auch die deutsche Bundesregierung, die ihre Haltung trotz massiven öffentlichen Drucks nicht geändert hat,“ kritisiert Haller.