Um Fehl-, Unter- und Überbehandlungen von Frauen und Mädchen zu verhindern und unnötige Kosten im Gesundheitssystem zu reduzieren, ist eine geschlechtersensible Gesundheitsversorgung und -forschung unerlässlich. Für die Sicherstellung reproduktiver Gesundheit muss der Zugang zu Verhütungsmitteln, eine gute geburtshilfliche und qualitätsgesicherte Versorgung sowie der Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen gewährleistet werden.
Zur Bundestagswahl 2025 fordert der Deutsche Frauenrat (DF):
1. Geschlechtersensible Gesundheitsversorgung und -forschung sicherstellen
Geschlechtsspezifische Daten zu allen gesundheitsrelevanten Bereichen bilden die Grundlage für differenzierte gesundheitspolitische Maßnahmen. Diese Daten helfen, Risiken, Krankheitsbilder, Behandlungsoptionen sowie Zugangsbarrieren zu identifizieren, die zu einer effektiveren Gesundheitsversorgung von Frauen und Männern führen. Der DF fordert, dass geschlechtsspezifische Unterschiede bei Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation besser erforscht und die Forschungsergebnisse in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe und die Behandlungsleitlinien aufgenommen werden. Die Gesundheitsversorgung und -forschung muss unter Berücksichtigung von Intersektionalität und Faktoren wie geschlechtlicher Identität, Alter, sexueller Orientierung, sozialer Lage, physischer und psychischer Beeinträchtigung sowie Ausgrenzungserfahrung und Migrationshintergrund erfolgen. Zudem fordert der DF, zusätzliche Mittel bereitzustellen, um an medizinischen Fakultäten Lehrstühle für Gendermedizin einzurichten.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen bietet große Chancen, birgt jedoch auch Risiken, wenn geschlechtsspezifische Unterschiede nicht ausreichend berücksichtigt werden. Wenn Algorithmen und digitale Gesundheitslösungen auf bestehenden, oft unzureichenden und nicht nach Geschlecht differenzierenden Daten basieren, können sie bestehende Ungleichheiten sogar verstärken.
2. Geburtshilfe stärken
Schwangerschaft und Geburt sind entscheidende Lebensereignisse, die die physische und psychosoziale Gesundheit von Frauen und ihren Familien positiv, aber auch negativ beeinflussen können. Frauen haben das Recht auf eine informierte Wahlfreiheit bezüglich der Art und des Ortes ihrer Geburt. In vielen Regionen sind die Versorgungsstrukturen jedoch mangelhaft, sodass Versorgung und Betreuung mit Hebammenleistungen und Geburtshilfe nicht flächendeckend gewährleistet sind und drohen, sich zu verschlechtern. Der DF fordert, dass Betreuungs-, Hilfs- und Versorgungsangebote wohnortnah und barrierearm für alle Frauen und Familien zugänglich sind. Eine Eins-zu-Eins-Betreuung unter der Geburt stellt nachweislich eine Maßnahme zur Steigerung der Qualität sowie von Zufriedenheit und Sicherheit der Gebärenden und ihres Neugeborenen dar. Gewalt und Gewalterfahrungen unter der Geburt müssen als strukturelles Problem in der Frauengesundheit erkannt und politische Maßnahmen zur Abhilfe ergriffen werden.
3. Reproduktive Rechte verwirklichen
Reproduktive Rechte sind Menschenrechte. Der DF fordert Maßnahmen zur Prävention wie Sexualaufklärung in der Schule, den kostenlosen Zugang zu (Not-)Verhütungsmitteln, den Rechtsanspruch auf eine psychosoziale Beratung sowie die Forschungsförderung von Verhütungsmitteln für alle Geschlechter.
Neben der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafgesetzbuchs, fordert der DF den Ausbau von Versorgungsstrukturen, damit flächendeckend Schwangerschaftsabbrüche in Praxen und Kliniken vorgenommen werden können. Dazu gehört auch, dass Schwangerschaftsabbrüche Teil der medizinischen Ausbildung und der fachärztlichen gynäkologischen Weiterbildung werden.
Grundsätzlich müssen werdende Eltern soziale und ökonomische Rahmenbedingungen vorfinden, die es ihnen ermöglichen, sich auch dann für ein Kind zu entscheiden, wenn die Schwangerschaft ungeplant ist.
4. Pflegesituation verbessern
Pflegefachkräfte – zu mehr als drei Viertel sind dies Frauen – leisten gesellschaftlich immens wichtige Arbeit, die jedoch nicht ausreichend Anerkennung erfährt. Bedingt durch demografischen Wandel und Fachkräftemangel wird sich die Situation in der Pflege verschärfen. Um den Beruf aufzuwerten, sind angemessene Löhne, bessere Arbeitsbedingungen sowie bessere Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten notwendig. Für Leistungsbezieher*innen der Pflegeversicherung muss der Eigenanteil in der Pflegeversicherung gesetzlich begrenzt werden. Langfristig setzt sich der DF für die Weiterentwicklung zu einer Pflegevollversicherung ein.
Hier geht’s weiter zur Forderung: Erfolgsfaktor Gleichstellung – Geschlechtergerechte Wirtschaftspolitik
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