Frauen sind in Parteien, Parlamenten, Führungspositionen und Entscheidungsgremien auf allen Ebenen von Politik, Gesellschaft und Wissenschaft unterrepräsentiert. Die Corona-Krise zeigt dies besonders deutlich: Es sind vorwiegend Männer, die erklären und entscheiden. Ob Virologen, Chefärzte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, Ökonomen oder Experten in TV-Shows, die in der Krise dominanten Entscheidungsträger*innen in Bund und Ländern und wissenschaftlichen Beratungsgremien – fast alle sind weiße Männer mittleren oder höheren Alters. Diese männliche Expertenherrschaft und die mangelnde Einbindung vielfältiger Perspektiven sind undemokratisch und haben weitreichende destruktive soziale Folgen.
Feste Quoten und Parität
Um der fehlenden Repräsentanz von Frauen in Parteien, Parlamenten, Führungspositionen und entscheidungsgebenden Gremien von Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Medien etwas entgegenzusetzen und strukturelle Diskriminierung beim Zugang zu Machtpositionen zu beseitigen, sind gesetzliche Vorgaben notwendig. Nur mit verbindlichen Quoten gibt es Fortschritt
Privatwirtschaft und öffentlicher Dienst
Das erste Führungspositionengesetz (FüPoG), das 2015 in Kraft trat, setzte einen wichtigen Meilenstein für die Erhöhung des Frauenanteils in verantwortungsvollen Positionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst. Die Novellierung des FüPoG in 2021 enthielt wichtige weitere Schritte. Doch es dürfen nicht die letzten sein. Um strukturelle Diskriminierung nachhaltig zu überwinden, sind mutigere Schritte erforderlich. Hierzu muss das FüPoG kontinuierlich weiterentwickelt werden. Das feste Kriterium der Börsennotierung muss entfallen. Der DF fordert eine Ausweitung der festen Quote von 30 Prozent auf Aufsichtsräte und Vorstände aller Unternehmensrechtsformen, die börsennotiert sind oder mehr als 500 Beschäftigte haben. Mit einem Stufenplan muss es das Ziel sein, bis spätestens 2030 Parität in Aufsichtsräten und Vorständen zu erreichen. Wirksame Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben müssen eine konsequente Umsetzung sicherstellen. Für Führungsgremien der Körperschaften des öffentlichen Rechts (Vorstände, Verwaltungs- und Aufsichtsräte) muss eine paritätische Besetzung ab den nächsten Berufungen bzw. Wahlen gesetzlich festgeschrieben werden. Mehr Teilzeitstellen für Frauen und Männer in Führungspositionen müssen geschaffen werden. Solange Frauen die Hauptlast der Sorgearbeit tragen, ist die Teilzeitfähigkeit von Leitungspositionen entscheidend für ihren beruflichen Aufstieg. Auf EU-Ebene muss die Bundesregierung ihre Blockade im Ministerrat gegen die Führungspositionen-Richtlinie aufgeben, damit eine politische Einigung des Europäischen Parlaments und des Rates möglich wird. Was in Deutschland von Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst gesetzlich gefordert wird, kann auf EU-Ebene nicht glaubwürdig verhindert werden.
Politik
In keinem Parlament Deutschlands sind Frauen heute gleichberechtigt vertreten. Der DF fordert ein Paritätsgesetz, das die Parteien verpflichtet, ihre Listen- und Direktmandate für die Wahl des Deutschen Bundestags paritätisch mit Männern und Frauen zu besetzen. Der DF ruft die demokratischen Parteien dazu auf, diese Forderung nach einem Paritätsgesetz in ihre Wahlprogramme aufzunehmen, sie im nächsten Koalitionsvertrag zu verankern und in der nächsten Wahlperiode umzusetzen.
Medien, Kultur, Medizin und Wissenschaft
Für die Bereiche Medien, Kultur, Medizin und Wissenschaft fordert der DF die paritätische Besetzung der jeweiligen Aufsichts-, Beratungs- und Vergabegremien (wie z.B. Fördermittelentscheidungsgremien, Selbstverwaltungsgremien, gewählte Ärzt*innengremien, Berufungskommissionen), die Vergabe öffentlicher Aufträge und Fördermittel an mindestens 40 Prozent Frauen sowie verbindliche Zielgrößen von mindestens 30 Prozent Frauen in den jeweiligen Führungspositionen. Die Vergabe öffentlicher Aufträge und Fördermittel muss verbindlich an das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit gekoppelt werden.
Teilhabe an digitalen Willensbildungsprozessen stärken
Der sogenannte Digital Gender Gap zeigt die ungleiche Verteilung zwischen Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Nutzung von digitalen Technologien. Frauen werden häufiger davon abgehalten, sich digital an demokratischen (Willensbildungs-)Prozessen zu beteiligen. Der DF fordert daher, geschlechtergerechte Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote zum Erwerb von digitalen Kompetenzen (auch auf betrieblicher Ebene) staatlich zu fördern. Das gleiche gilt für Programme und Initiativen im außerschulischen Bereich, die Mädchen und Frauen in der politischen Meinungsbildung und -äußerung im Netz sichtbarer machen. Frauen und Frauenorganisationen müssen in die Gestaltung jeweiliger Bildungsprogramme einbezogen werden. Um eine Interessensvertretung auch für die Zukunft zu verbessern, fordert der DF außerdem, dass Digitalisierungsprozesse in Frauenverbänden gefördert werden.