Klimagerechtigkeit jetzt!

Aktuelles | 28. Juni 2023

Gerechtigkeit. Das ist, was sich die rund 140 Teilnehmer*innen der diesjährigen Fachveranstaltung des Deutschen Frauenrats von einer feministischen Klimapolitik erhoffen. Die größte frauen- und gleichstellungspolitische Interessenvertretung Deutschlands hatte am 16. Juni 2023 unter dem Motto „Klimagerechtigkeit jetzt“ Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Politik in die W. Michael Blumenthal Akademie eingeladen, um feministische Antworten auf eine der größten und komplexesten Herausforderungen unserer Zeit zu diskutieren – die Klimakrise.

Perspektive von Frauen in all ihrer Vielfalt berücksichtigen

In ihrer Eröffnungsrede verwies Dr. Beate von Miquel, die Vorsitzende des Deutschen Frauenrats, auf eine der offenen Flanken der Klimadebatte: der fehlenden Geschlechterperspektive in der Klimapolitik. Dabei sei wissenschaftlich hinreichend belegt, dass Frauen und marginalisierte Gruppen rund um den Globus die Hauptlast von Umweltzerstörung, Wassermangel, Nahrungsmittelunsicherheit und zunehmender Naturkatastrophen tragen – obwohl sie deutlich weniger zum Klimawandel beisteuern. Von Miquel forderte bei der Ausgestaltung der Klimapolitik, die Lebensumstände von Frauen und Mädchen – in all ihrer Vielfalt – in der Gesellschaft zu berücksichtigen und ihre Beteiligung auf allen Ebenen zu fördern.

Dr. Beate von Miquel (Bild: Heidi Scherm)

Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck sicherte in seinem anschließenden Grußwort zu, dass sein Ministerium Klimapolitik und Geschlechtergerechtigkeit stärker mitdenken wolle: „Bei Gestaltung der Klimapolitik sollen alle Akteur*innen zukünftig stärker die Wechselwirkung von Klimawandel und Geschlechterrollen im Blick haben.“ Impulse aus der weiblichen Zivilgesellschaft seien willkommen.

Feministische Klimapolitik als Maßstab klimapolitischen Handelns

„Die Klimakrise tötet,“ brach Clara Duvigneau die Auswirkungen von Klimakrise gepaart mit zögerlichem politischen Handeln auf drei Wörter hinunter. Die Sprecherin der Fridays for Future Bewegung kritisierte in ihrer Keynote zudem die Männerdominanz in Klimapolitik, denn die Klimakrise könne nur gemeinsam gelöst werden. Vor allem müsse dazu jetzt Schluss mit der Nutung fossiler Energieträger sein.

Clara Duvigneau (Bild: Heidi Scherm)

Gotelind Alber (GenderCC) erläuterte in ihrer Keynote, dass Gender für alle Aspekte des Klimawandels relevant sei: „Für Ursachen und Auswirkungen, beim Klimaschutz und der Anpassung.“ Auch wenn an vielen Stellen Daten fehlten, Wissen für eine geschlechtergerechte und feministische Klimapolitik liege vor. Allen voran mangele es an der Umsetzung dieser Erkenntnisse. Alber hob hervor: Je geschlechtergerechter eine Gesellschaft, desto geringer ihr CO2-Abdruck.

Gotelind Alber (Bild: Heidi Scherm)

In der Auftaktdiskussion legten Sheena Anderson (Center for Feminist Foreign Policy), Fatim Selina Diaby (Aktive in der Antirassissmus- und Klimagerechtigkeitsbewegung) und Dr. Jürgen Zattler, (Bundesentwicklungsministerium) ihr Verständnis einer feministischen Klimapolitik dar. Diaby betonte, dass nur radikale Veränderungen unseres Wirtschaftens und Zusammenlebens zu einer Veränderung führten. Entsprechend schaffe eine feministische Klimapolitik nur dann Gerechtigkeit, wenn sie machtkritisch und intersektional gestaltet ist. Anderson hob hervor, dass vor allem Indigene, Schwarze Menschen, Menschen mit Behinderung und Menschen aus dem globalen Süden den Kampf gegen den Klimawandel führten. Eine feministische Klimapolitik müsse ihren Bedürfnissen Rechnung tragen.

 

Dr. Jürgen Zattler, Fatim Selina Diaby, Sheena Anderson, Moderatorin Celia Schmidt (v.l.n.r.)

Geschlechtergerechte und soziale Mobilitätswende

In den drei folgenden Panels beleuchteten die Expert*innen, wie Klimapolitik hierzulande geschlechtergerecht gestaltet werden kann. Auf dem ersten Panel diskutierten Nyke Slawik (stv. Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestags), Katja Diehl (Autorin und Podcasterin) und Monika von Palubicki (Leiterin des DF-Fachausschusses Klima) über die Ausgestaltung einer sozialen und geschlechtergerechten Mobilitätswende. Diehl kritisierte eine männlich geprägte Mobilität und forderte eine Abkehr von autozentrierter Verkehrspolitik und Abschaffung des Dienstwagenprivilegs. Auch Slawik sprach sich für mehr Platz für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen, Kinder und Menschen mit Beeinträchtigungen auf den Straßen aus. Nicht nur im Verkehrsausschuss des Bundestags spiele das Auto eine zentrale Rolle, sogar das Paul-Löbe-Haus sei einem Motor nachempfunden.

Diskussionsrunde mit Moderatorin Andrea Blome, Monika von Palubicki und Nyke Slawik (v.l.n.r)
Moderatorin Andrea Blome, Monika von Palubicki und Nyke Slawik (v.l.n.r) (Bild: Heidi Scherm)

Ökologischer Strukturwandel von Arbeit und Wirtschaft

Das nächste Panel mit Birgit Schwenk (Bundeswirtschaftsministerium), Sascha Gabizon (Women engage for a common future), Christina Schildmann (Hans-Böckler-Stiftung) und Heike Lehmann (DGB) befasste sich mit einem ökologischen Strukturwandel von Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Erneut wurde deutlich, dass belastbare Zahlen zum Frauenanteil  beispielsweise in der Energiewirtschaft Mangelware sind. Damit Frauen beim nötigen Umbau von Wirtschaft und Arbeitsmarkt nicht ins Hintertreffen geraten, seien gezielte Qualifizierung von Frauen in Zukunftsbranchen, alternative Arbeitszeitmodelle und ihre gleichberechtigte Teilhabe in Unternehmen nötig.

Blick aufs Panel , wo Moderatorin Andrea Blome, Birgit Schwenk, Sascha Gabizon, Christina Schildmann und Heike Lehmann sitzen.
Moderatorin Andrea Blome, Birgit Schwenk, Sascha Gabizon, Christina Schildmann und Heike Lehmann (v.l.n.r.) (Bild: Heidi Scherm)

Geschlechteraspekte beim klimagerchten Bauen und Wohnen
Auf dem letzten Panel debattierten Annett Jura (Bundesbauministerium), Ulrike Röhr (genanet) und Dr. Sibylle Braungardt (Öko-Institut) die Geschlechteraspekte beim klimagerechten Bauen und Wohnen. Allein in Deutschland entfallen über 40 Prozent der Emissionen auf den Bau und die Nutzung von Gebäuden. U.a. wegen geringerer Einkommen sind Frauen deutlich stärker von hohen Energiekosten betroffen als Männer und wohnen auch häufiger in Gebäuden mit schlechteren energetischen Standards. Die Geschlechterperspektive ist dringend bei der Transformation zu berücksichtigen.

Dr. Sibylle Braungardt, Annett Jura, Ulrike Röhr (v.l.n.r.) (Bild: Heidi Scherm)

Vierter Gleichstellungsbericht der Bundesregierung behandelt Klima

Anschließend gab Silke Bothfeld als Vorsitzende der Sachverständigenkommission für das Gutachten zum Vierten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung einen Ausblick auf den Bericht, der 2025 an die Bundesfrauenministerin übergeben werden soll.

Monika von Palubicki, die Leiterin des Fachausschuss Klima fasste nach den anregenden Deabtten die Bedingungen für eine feministische Klimapolitik in Deutschland zusammen, die nicht nur die Herausforderungen des Klimawandels und der Transformation angeht, sondern auch den Weg in eine gerechtere Zukunft für alle weist.

Fotos: Heidi Scherm

 

 

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