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Ökonomische Eigenständigkeit stärken – Geschlechtergerechte Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik

Thema "Bundestagswahl 2025" | 16. Dezember 2024

Überholte Rollenbilder, falsche Anreize in der Steuer- und Sozialpolitik und ungleiche Bezahlung – Frauen stoßen am Arbeitsmarkt auf die immer gleichen Hürden. Auch die steigende Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften hat daran wenig geändert. Es ist dringend an der Zeit für Veränderungen: Der DF fordert passende Rahmenbedingungen für eine gleichberechtigte Erwerbsteilhabe von Frauen.

 

Zur Bundestagswahl 2025 fordert der Deutsche Frauenrat (DF):  

1.      Entgeltgleichheit wirksam durchsetzen

Der Gender Pay Gap stagniert in Deutschland bei 18 Prozent. Für eine faire Teilhabe am Erwerbsleben ist die Durchsetzung des Prinzips „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“ daher unverzichtbar. Auf betrieblicher Ebene formuliert die EU-Entgelttransparenzrichtlinie klare Anforderungen: Unternehmen ab 100 Beschäftigten werden verpflichtet, ihre Entgeltpraxis zu überprüfen und bei festgestellter Benachteiligung Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Der individuelle Auskunftsanspruch soll unabhängig von der Betriebsgröße für jede Person bestehen. Der DF fordert die zeitnahe Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie, um das Entgelttransparenzgesetz zu einem wirksamen Lohngerechtigkeitsgesetz weiterzuentwickeln. Darüber hinaus fordert der DF ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften, Interessenvertretungen von Arbeitnehmer*innen und Antidiskriminierungsverbände.

2.      Gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen sicherstellen

Frauen sind in Führungspositionen noch immer unterrepräsentiert. Um strukturelle Diskriminierung nachhaltig zu überwinden, muss das Führungspositionen-Gesetz weiterentwickelt werden.

Der DF fordert, den Geltungsbereich auf die Aufsichtsräte und Vorstände aller Unternehmen auszuweiten, die börsennotiert sind oder mehr als 500 Beschäftigte haben. Mit einem Stufenplan muss bis spätestens 2030 Parität in Aufsichtsräten und Vorständen erreicht werden. Die konsequente Umsetzung muss durch wirksame Sanktionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben sichergestellt werden. Für Führungsgremien der Körperschaften des öffentlichen Rechts (Vorstände, Verwaltungs- und Aufsichtsräte) muss eine paritätische Besetzung ab den nächsten Berufungen bzw. Wahlen gesetzlich festgeschrieben werden. Darüber hinaus fordert der DF die Einführung eines Gleichstellungsgesetzes für die Privatwirtschaft: Es braucht eine gesetzlich verankerte Verpflichtung für die betrieblichen Akteur*innen, Gleichstellungsstrategien zu entwickeln.

3.      Lebensphasenorientierte Arbeitszeiten ermöglichen

Frauen und Männer müssen in allen Lebenslagen Erwerbs- und Sorgearbeit verbinden können. Der DF setzt sich daher für die Einführung lebensphasenorientierter Arbeitszeiten ein. Insbesondere für Frauen, die immer noch den Hauptteil der Sorgearbeit übernehmen, ist eine größere Arbeitszeitsouveränität Voraussetzung für eine durchgängige und unabhängige Erwerbsbiografie mit verlässlicher sozialer Absicherung. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, Betriebe und Dienststellen zur systematischen Auseinandersetzung mit dem Thema gesetzlich zu verpflichten. Beschäftigte müssen das Recht erhalten, Dauer und Verteilung der vertraglichen Arbeitszeit zu verändern sowie ihren Arbeitsort zu wählen, sofern keine dringenden betrieblichen oder dienstlichen Gründe entgegenstehen.

4.      Minijobs sozial absichern

Mit zwei Dritteln machen Frauen den größten Anteil der Minijobber*innen in Deutschland aus – mit verheerenden Folgen für ihre eigenständige ökonomische Absicherung bis ins Alter. Minijobs sind als „Hinzuverdienst“ weder existenzsichernd noch sozial abgesichert und der Weg in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis bleibt häufig versperrt. Der DF fordert die Besteuerung von Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung und deren soziale Absicherung ab der ersten Arbeitsstunde.

5.      Armut von Alleinerziehenden und ihren Kindern bekämpfen – Steuergutschrift einführen

Alleinerziehende, rund 85 Prozent Frauen, sind wie keine andere Familienform von Armut bedroht oder betroffen. Das zeigt auch: das bestehende System der monetären Familienförderung ist nur ungenügend auf Armutsvermeidung ausgerichtet. Eine Reform des Systems muss sich daher daran messen lassen, ob sie die Situation armer Kinder, Jugendlicher und ihrer Familien nachhaltig verbessert. Der DF fordert, dass eine Neuermittlung des kindlichen Existenzminimums die Basis dieser Reform bildet, die soziokulturelle Teilhabe umfasst und sich am Lebensstandard und Ausgabeverhalten der gesellschaftlichen Mitte orientiert. Benachteiligungen für Alleinerziehende an Schnittstellen zwischen Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht müssen behoben werden.

Nicht zuletzt fordert der DF, den steuerlichen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu einer Steuergutschrift weiterzuentwickeln, damit auch Alleinerziehende mit kleinen und mittleren Einkommen von der Leistung profitieren. Die Steuergutschrift ist als Abzugsbetrag von der Steuerschuld auszugestalten; ist diese geringer als die Steuergutschrift, ist die Differenz auszuzahlen.

6.      Geschlechtergerechte Ehegattenbesteuerung einführen

Das Ehegattensplitting und die Lohnsteuerklassenkombination III/V gehen zu Lasten der Erwerbsteilhabe von Frauen und ihrer eigenständigen Existenzsicherung. Vom Ehegattensplitting profitieren vor allem einkommensstarke Einverdiener-Ehen bzw. Paare mit großen Einkommensunterschieden, denn das Splittingverfahren mindert die Effekte des progressiven Steuertarifs. Bei der Steuerklassenkombination III/V wird die*der Partner*in in Steuerklasse V (zu 90 Prozent Frauen) beim Lohnsteuerabzug überproportional belastet.  Das führt dazu, dass meist Frauen ihre Erwerbstätigkeit deutlich zurückfahren oder nicht ausweiten, was neben einem niedrigen eigenen Einkommen auch zu geringen Rentenansprüchen führt. Außerdem ergeben sich aus dem Splitting negative Auswirkungen auf den Bezug von auf den Nettolohn bezogenen Lohnersatzleistungen (Elterngeld, Arbeitslosengeld, Krankengeld).

Der DF fordert, die Lohnsteuerklassenkombination III/V abzuschaffen und durch die Kombination IV/IV mit Faktorverfahren zu ersetzen.  An die Stelle des Ehegattensplittings muss die Individualbesteuerung mit übertragbarem Grundfreibetrag treten. Dadurch werden Anreize zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit gesetzt und die wirtschaftliche Unabhängigkeit von Frauen gestärkt.

 

Hier geht’s weiter zur Forderung: Gewaltschutz für alle Frauen

Hier geht’s zurück zur Forderung: Sorgearbeit umverteilen und aufwerten

Hier geht’s zum Überblick zur Bundestagswahl 2025

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