Von der Kinderbetreuung über die Hausarbeit bis zur Unterstützung pflegebedürftiger Angehöriger: Frauen übernehmen den überwiegenden Teil der unbezahlten Sorgearbeit – zu Lasten ihrer eigenständigen Existenz- und Alterssicherung. Eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben wird daher nur möglich sein, wenn unbezahlte Sorgearbeit fair zwischen den Geschlechtern umverteilt und professionelle Sorgearbeit aufgewertet wird.
Zur Bundestagswahl 2025 fordert der Deutsche Frauenrat (DF):
1. Freistellung für Väter und Co-Mütter rund um die Geburt einführen
In der frühen Familienphase werden entscheidende Weichen für die Arbeitsteilung bei jungen Paaren gestellt. Je früher Väter Verantwortung in Kinderbetreuung und Haushalt übernehmen, desto eher werden sie auf Dauer zu aktiven Vätern. Der DF fordert die Einführung einer bezahlten Freistellung von Vätern und Co-Müttern für zehn Arbeitstage rund um die Geburt des Kindes. Dies setzt einen deutlichen Anreiz dafür, dass Väter sich langfristig stärker in den Familien engagieren, und ist ein wichtiges Signal an Wirtschaft und Arbeitgeber*innen, dass auch Väter „von Anfang an“ für die Sorge ihrer Kinder zuständig sind.
2. Elterngeld partnerschaftlich weiterentwickeln
Das Elterngeld zielte bei Einführung darauf ab, Impulse für eine geschlechtergerechte Arbeitsteilung bei der Kinderbetreuung zu setzen. Auch wenn die Väterbeteiligung in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen ist, nimmt eine Mehrheit der Väter das Elterngeld immer noch nicht oder nur für kurze Zeit in Anspruch. Es ist Zeit für ein partnerschaftliches Update der Familienleistung: Der DF fordert die Ausweitung der nicht übertragbaren (Basis-)Elterngeldmonate, um langfristig eine paritätische Nutzung des Elterngelds zwischen Müttern und Vätern zu erreichen.
3. Gute und bedarfsgerechte Bildungs- und Betreuungsangebote sicherstellen
Öffentliche Kinderbetreuungs- und Bildungsangebote sind Voraussetzung für die Erwerbsarbeit von Frauen. Gezielte Investitionen in den Ausbau einer bedarfsgerechten Betreuungs- und Bildungsinfrastruktur sichern die Beteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Der DF fordert Bund, Länder und Kommunen auf, bedarfsgerechte, verlässliche und qualitativ hochwertige Kita- und Hortplätze sicherzustellen. Dazu gehört auch, die Ausbildung und Bereitstellung von Fachpersonal. Nur so kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen – und Männer – gelingen.
4. Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gestalten
Auch bei der Versorgung pflegebedürftiger Angehöriger klafft eine enorme Sorgelücke zwischen den Geschlechtern. Frauen übernehmen zu Lasten ihrer eigenen Erwerbstätigkeit und Existenzsicherung sowie ihrer physischen und psychischen Gesundheit den überwiegenden Anteil informeller Pflegeaufgaben. Der DF fordert eine Lohnersatzleistung für pflegende Erwerbstätige, um Frauen finanziell besser abzusichern und Männer zu ermutigen, sich um ihre Angehörigen zu kümmern.
Damit Vereinbarkeit von Pflege und Beruf gut gelingt und Frauen erwerbstätig sein können, müssen Pflegende auf bedarfsgerechte und öffentlich bereitgestellte Hilfen und Strukturen zugreifen können. Dazu gehören Angebote für Kurzzeit- und Tagespflege, stundenweise Betreuung, haushaltsnahe Dienstleistungen und Bereitschaftsdienste. Deren Ausbau müssen Bund, Länder und Kommunen vorantreiben. Durch den Ausbau der Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung sind die Ansprüche der Pflegebedürftigen zu verbessern.
5. Kindschaftsrecht reformieren – Frauen stärken
Die Modernisierung des Kindschaftsrechts steht weiter aus. Der DF mahnt an, dass Reformschritte beim Unterhaltsrecht zu den Lebensrealitäten getrennter Eltern passen müssen: Die Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit während des Zusammenlebens muss bei der Berechnung des Barunterhalts für die gemeinsamen Kinder nach der Trennung angemessen berücksichtigt werden. Die entstehenden Mehrkosten eines erweiterten Umgangs- oder Wechselmodells müssen gerecht verteilt werden. Neuregelungen dürfen nicht auf Kosten der ökonomisch schwächeren Elternteile – ganz überwiegend Mütter – oder der Existenzsicherung des Kindes gehen.
In der Reformdiskussion des Sorge- und Umgangsrechts unterstützt der DF den Vorschlag, dass bei konflikthaften Sorgerechtsfragen weiterhin die individuelle Betrachtung und Entscheidung zentral ist. Dabei muss weiterhin das Kindeswohl an oberster Stelle stehen. Mit Blick auf die Erlangung des gemeinsamen Sorgerechts unverheirateter Eltern spricht sich der DF dafür aus, an der Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung festzuhalten. Außerdem fordert der DF, dass gemäß der Istanbul-Konvention Gewaltschutz Vorrang vor Umgangs- und Sorgerecht hat.
Nicht zuletzt fordert der DF die Diskriminierung von Mütter-Familien im Abstammungsrecht zu beenden. Mütter-Familien, die über 90 Prozent der Regenbogenfamilien ausmachen, werden aktuell auf das Adoptionsrecht verwiesen und damit auf langwierige Verfahren, die mit erheblichen Rechtsunsicherheiten und psychischen Belastungen verbunden sind. Die automatische Mutterschaft beider Elternteile muss endlich kommen.
6. Sorgeberufe aufwerten
Ob als Kranken- oder Altenpflegerin, als Erzieherin, Sozialpädagogin oder Haushaltshilfe: Meistens sind es Frauen, die in diesen Berufen gesellschaftlich wertvolle, unverzichtbare Arbeit bei schlechter Entlohnung leisten. Damit diese systemrelevanten Tätigkeiten ihrem gesellschaftlichen Wert entsprechend höher vergütet werden und sich die Arbeitsbedingungen verbessern, müssen Sorgeberufe aufgewertet werden. Notwendige Maßnahmen dafür sind eine angemessene Entlohnung, eine Stärkung der Tarifbindung durch leichtere Allgemeinverbindlichkeitserklärung und Tariftreue bei öffentlichen Aufträgen, eine angemessene Personalausstattung sowie verbesserte Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten.
7. Haushaltsnahe Dienstleistungen öffentlich bezuschussen
Um Frauen – wie Männer – bei der Vereinbarkeit von Sorge- und Erwerbsarbeit zu unterstützen, fordert der DF staatliche Zuschüsse zu legalen, sozial abgesicherten, hochwertigen sowie bedarfsgerechten haushaltsnahen Dienstleistungen (Gutscheinverfahren). Die Subvention muss so ausgestaltet sein, dass auch Menschen mit geringen Einkommen – unter ihnen viele Alleinerziehende und Personen mit Unterstützungsbedarf – von ihr profitieren können. Gleichzeitig stärkt die Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen eine frauendominierte Branche und drängt prekäre und illegale Arbeitsverhältnisse zurück. Die Maßnahme kann entscheidend zur Aufwertung dieser professionellen Sorgetätigkeit beitragen.
Hier geht’s weiter zur Forderung: Ökonomische Eigenständigkeit stärken – Geschlechtergerechte Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik
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