Für den umfassenden Gewaltschutz von Frauen mit Migrationsgeschichte und die vollumfängliche Umsetzung der Istanbul-Konvention ist eine dringende Reformierung des Aufenthaltsgesetzes (§ 31 AufenthG) notwendig, das erhebliche Schutzlücken aufweist.
Das bedeutet: Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht unabhängig vom Bestand oder der Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Erteilung der ersten eigenständigen Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. Die Streichung oder zumindest Herabsetzung der Ehebestandszeit auf ein Jahr. Die Streichung ist anzustreben, da die Ehebestandszeit grundsätzlich patriarchale Machtdynamiken und Abhängigkeiten in der Ehe begünstigt und Frauen zum Festhalten an einer gewalttätigen Beziehung nötigt. Die Streichung der Wohnsitzauflage des § 12a AufenthG. Das Aufenthaltsrecht der Betroffenen, muss gemäß des Art. 59 (2) der Istanbul-Konvention gewährleistet werden.
Insbesondere für Personen ohne Papiere oder mit Duldung muss ein verlängerbarer Aufenthaltstitel aus persönlichen Gründen oder zur Mitwirkung im Strafverfahren geschaffen werden. Für die Betroffenen muss der Erhalt eines verlängerbaren Aufenthaltstitels niederschwellig zugänglich sein. Die Beteiligung von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern, um körperliche oder psychische Gewalt glaubhaft zu machen, muss anerkannt werden.
Fachkräfte und Mitarbeitende in allen Behörden, auch den Ausländerbehörden, dem Bundesamt für Migration oder der Polizei und den Gerichten sowie in den Unterstützungsstrukturen müssen bzgl. geschlechtsspezifischer Gewalt aus- und fortgebildet werden, dabei muss die intersektionale Perspektive dringend berücksichtigt werden. Gender- und diversitätssensible Sprachmittlung muss vorhanden sein.
Für einen Zugang zu Unterstützungsstrukturen und adäquate und umfassende Beratung von Betroffenen braucht es die Einbindung von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie haben den besten Zugang zu Betroffenen unterschiedlicher Communities und notwendige Kenntnisse zu informieren und aufzuklären.