Der DF-Jahresbericht erscheint zum ersten Mal digital: jahresbericht.frauenrat.de
Wir erinnern uns an den letzten Frühling: Der russische Angriff auf die Ukraine, die Zeitenwende, gefolgt von Preisexplosionen bei Energie- und Lebenshaltungskosten und das alles während der noch immer andauernden Corona-Pandemie. Damals schweißte die Weltlage die Bundesregierung zusammen, sie fällte zügig Entscheidungen und eröffnete sich finanzielle Spielräume für Projekte, die sie als notwendig erachtete.
Heute, ein Jahr später ist zwar die Corona-Pandemie beendet, aber wir ringen immer noch mit ihren Auswirkungen. Und mehr noch: Die Dauerkrisen, in denen wir stecken, scheinen eine Art Gewöhnungseffekt zu entfalten. Das ist gefährlich.
Es sind doch keine privaten Probleme, wenn Frauen, die bereits unter Corona zurückgesteckt haben, weiter beruflich kürzertreten, weil sie keine verlässliche Betreuung für ihre Kita-Kinder finden. Weil der Unterricht wegen Lehrer*innenmangel ausfällt oder es an professioneller Pflege für Angehörige mangelt.
Es ist auch kein privates Problem, wenn Frauen sich aus finanzieller Not nicht von einem gewalttätigen Partner trennen. Wenn sie im Alter oder alleinerziehend kaum Geld zum Leben haben. Im letzten Jahr verzeichneten die Tafeln Rekord-Zuläufe. All das sind politische Handlungsaufträge an ein Regierungsbündnis, das sich selbst als Fortschrittskoalition bezeichnet: Mehr Gleichstellung wagen!
Im Koalitionsvertrag des Ampelbündnisses stecken Vorhaben, die Frauenrechte stärken und die Gleichstellung ein gutes Stück voranbringen können. Doch leider setzt die Regierung sie – mit wenigen Ausnahmen wie dem Mindestlohn – nicht um.
Um nur einige zu nennen, auf die wir alle zusammen im Deutschen Frauenrat drängen: Den Gleichstellungscheck für Gesetze, die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie, den geschlechtergerecht aufgestellten Bundeshaushalt, die Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige, die nationale Strategie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und nicht zu vergessen, die Kindergrundsicherung.
Beim Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz im März haben wir als DF-Vorstand deutlich gemacht: Der Koalitionsvertrag muss JETZT umgesetzt werden! Wer Gleichstellung bis 2030 erreichen will, muss dafür Strukturen aufbauen und die finanziellen Grundlagen schaffen!
Wir im Deutschen Frauenrat haben im letzten Jahr verschiedenste Bühnen bespielt, um unserer Botschaft Gehör zu verschaffen: Gleichstellung ist die zentrale Antwort in den Transformationen unserer Zeit – national wie international. Der erfolgreiche Women7-Vorsitz im letzten Jahr hat ermöglicht, gleichstellungspolitische Anliegen ganz oben auf die Agenda der einflussreichen G7-Staaten zu setzen.
Hierzulande haben wir uns im letzten Jahr mit vielen Politiker*innen zur Gleichstellungspolitik ausgetauscht. Ein Höhepunkt war unser Parlamentarischer Abend unter dem Motto „Geschlechtergerecht in die Zukunft“. Mit Prof. Marcel Fratzscher konnten wir einen der renommiertesten Ökonomen gewinnen, mit uns gemeinsam geschlechtergerechte Investitionspolitik zu entwerfen.
Als im Iran Frauen und Mädchen erneut gegen das Regime protestierten, organisierten wir als DF am Brandenburger Tor eine Kundgebung, um unsere Solidarität mit den mutigen Menschenrechtsverteidiger*innen zu zeigen. Das sind Einblicke in die letzten 12 Monate im DF.