Geschlechtergerechter Klimaschutz kann nur gelingen, wenn Frauen in allen Bereichen und auf allen Ebenen an den Entscheidungen beteiligt sind. Aufgrund ihrer besonderen Bedeutung für eine gelingende Energiewende und die mangelhafte Beteiligung von Frauen darin, wird hier beispielhaft auf die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften eingegangen.
Eine nachhaltige Energiewende ist für den Klimaschutz einer der wichtigsten Prozesse, da der Strombedarf in den kommenden Jahren drastisch steigen wird. Hier spielt eine stärkere Förderung von lokalen und regionalen Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften in Bürger*innenhand (auch Bürger*innenenergie genannt) eine wichtige Rolle. Sie sollen eine lokale Nutzung der Energie ermöglichen und die Energie, die an einem bestimmten Ort gewonnen wurde, in erster Linie für den Bedarf dieser Region nutzbar machen (Energy Sharing[i]), Überschüsse werden verkauft oder in das öffentliche Stromnetz eingespeist.[ii] Durch Energy Sharing könnten bis zu 35 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland reduziert werden.[iii]
Die Ampelkoalition hat angekündigt, den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen.[iv] Dabei sollen auch Rahmenbedingungen für die Bürger*innenenergie verbessert werden. Bisher unterstützt einzig ein Förderprogramm für Windenergieprojekte von Bürger*innen diese mit bis zu 200.000 Euro.[v] Wenn Bürger*innenenergie, z.B. durch Photovoltaik, ein zentraler Baustein der Energiewende sein soll, muss sie stärker gefördert und vor allem auch Energiegemeinschaften in Bürger*innenhand finanziell und strukturell unterstützt werden. Zumindest beim Ausbau von Windenergie und Photovoltaik verspricht die Bundesregierung mehr Anstrengungen.[vi] Bei der lokalen und regionalen Nutzung sind noch die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen.
Häufig benachteiligen die Entscheidungsstrukturen in Energiegemeinschaften Frauen: Entscheidungspositionen werden mit Personen mit technischen Vorkenntnissen und mit Erfahrungen in der Energiebranche besetzt, hier ist der Frauenanteil besonders niedrig. 2015 lagen in Deutschland nur 20 Prozent des Investitionsvolumens der Bürger*innen-Energiegemeinschaften in der Hand von Frauen, ihr Mitgliederanteil lag bei durchschnittlich 31 Prozent.[vii]
Frauen treffen laut Umfragen deutlich klimafreundlichere und nachhaltigere Entscheidungen und unterstützen die Energiewende,[viii] sind aber in der gesamten Energiewirtschaft und Energiepolitik in geringerem Umfang als Männer beteiligt[ix] und arbeiten dort eher in den kommunikativen und administrativen als in technischen Bereichen.[x] Der Anteil weiblicher Führungskräfte in der Energiewirtschaft lag hierzulande im Jahr 2021 bei 15,5 Prozent.[xi] In der Geschäftsführung waren es sogar nur 6 Prozent.[xii] Besser steht das Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit einem Frauenanteil von knapp 48 Prozent in Führungspositionen im Klimaschutz da. Allerdings zeigt sich auch hier: Je technischer die Abteilung, desto geringer der Frauenanteil.[xiii] Die Gründe für die Unterrepräsentanz von Frauen in Energiepolitik und -wirtschaft sind vielfältig. Meist wird auf den geringen Anteil von Frauen in den technischen Studiengängen verwiesen.[xiv] Andere Gründe sind patriarchale Strukturen in männerdominierten Arbeitsbereichen, mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie traditionelle Geschlechterrollen und -stereotype.[xv]
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[i] BBEn Bündnis Bürgerenergie (2021): Konzeptpapier Energy Sharing: Partizipation vor Ort stärken und Flexibilität aktivieren. S. 3.
[ii] Women Engage for a Common Future (WECF) (2021): Frauen. Energie. Wende! Warum wir eine geschlechtergerechte Energiewende brauchen, S. 7.; Bonner Energieagentur (o.J.): Bürgerenergieanlagen, https://www.bonner-energie-agentur.de/haustechnik/buergerenergieanlagen/, (Abruf 22.12.22).
[iii] Wiesenthal, Jan/Aretz, Astrid/Ouanes, Nesrine/Petrick, Kristian (2022): Energy Sharing: Eine Potenzialanalyse. Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) (Hg.) https://www.ioew.de/fileadmin/user_upload/BILDER_und_Downloaddateien/Publikationen/2022/Energy_Sharing_Eine_Potenzialanalyse_1.pdf, (Abruf 15.2.2023).
[iv] Die Bundesregierung (2021): Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP), S. 44, https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/koalitionsvertrag-2021-1990800, (Abruf 26.4.2023).
[v] Bundesanzeiger (2022): Bekanntmachung der Richtlinie zum Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ bei Windenergie an Land, https://www.bundesanzeiger.de/pub/publication/TLXzPEv6q4RxgRJJHyd/content/TLXzPEv6q4RxgRJJHyd/BAnz%20AT%2021.12.2022%20B1.pdf?inline, (Abruf 13.1.2023).
[vi] Koalitionsausschuss (2023), a.a.O. S. 3.
[vii] WECF (2021), a.a.O. S. 32.
[viii] Röhr, Ulrike/ Alber, Gotelind/ Göldner, Lisa (2018), a.a.O., S. 21 ff., 40 ff.
[ix] WECF (2021), a.a.O., S. 7.
[x] Röhr, Ulrike/ Alber, Gotelind/ Göldner, Lisa (2018), a.a.O., S. 45.
[xi] PricewaterhouseCoopers (PwC) (2022): Frauen in der Energiewirtschaft: Warum die Branche mehr „Frauen Power“ braucht, S. 7, https://www.pwc.de/de/energiewirtschaft/frauen-in-der-energiewirtschaft-warum-die-branche-mehr-frauen-power-braucht.pdf, (Abruf 22.12.22).
[xii] ebd. S. 13.
[xiii] Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) (2022): Organisationsplan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, Stand: 14. Juli 2022 https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/organisationsplan-bmwk.pdf?__blob=publicationFile&v=316, (Abruf 22.12.2022).
[xiv] WECF (2021), a.a.O., S. 12 f.
[xv] ebd. S. 25.; PwC (2022), a.a.O.