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Deutsche Zivilgesellschaft vor den Vereinten Nationen

Strategien gegen den Backlash bei UN-Frauenrechtskommission

Aktuelles | 24. März 2025

Der Deutsche Frauenrat (DF) begleitete gemeinsam mit weiteren 12.500 Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, inklusive zahlreichen DF-Mitgliedern, die 69. Sitzung der UN-Frauenrechtskommission (FRK). Die FRK tagt einmal jährlich im Hauptquartier der Vereinten Nationen in New York, diesmal vom 10.-21. März 2025. Der DF war auch in diesem Jahr wieder Teil der Regierungsdelegation.

Im Jubiläumsjahr – 30 Jahre nach der vierten Weltfrauenkonferenz in Peking – lag der Hauptfokus der FRK auf der Überprüfung und Beurteilung der Umsetzung der Pekinger Erklärung und Aktionsplattform. Bereits am ersten Sitzungstag verabschiedeten die Mitgliedsstaaten im Konsens eine politische Erklärung, die vorab verhandelt worden war. Dies ist besonders in den aktuellen Zeiten des globalen Backlashs bemerkenswert und wurde vor Ort als Erfolg gefeiert.

 

Zugang zum Recht ist Fokus der nächsten FRK

Während der FRK selbst ging es dann hauptsächlich um das mehrjährige Arbeitsprogramm, das Multi-Year Program of Work (MYPOW). Dieses legt die Themen für die nächsten FRK im Zeitrahmen 2026-2029 fest und wurde am letzten Sitzungstag verabschiedet. Das Thema der 70. FRK wird „Zugang zum Recht“ („Access to justice“) sein, inklusive Überwindung von diskriminierenden Praktiken, Gesetzen und strukturellen Hürden. Dabei soll das Thema ältere Frauen adressiert werden. Im Jahr 2027 wird die FRK ganz im Zeichen der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele stehen; 2028 liegt der Fokus auf dem Thema Sorgearbeit und Unterstützungssysteme („Care and Support Systems“) und 2029 auf humanitären Notlagen.

 

DF-Veranstaltung mit Bundesregierung: „Feminism for the Win”

Der DF setzte dieses Jahr gemeinsam mit dem Bundesfrauenministerium den Schwerpunkt auf die Bekämpfung von Antifeminismus und lud mit der Bundesregierung und UNIDAS – the Women’s Network zum gemeinsamen Side-Event „Feminism for the Win – Strategies to Defy and Defeat Anti-Feminist Movements ein. Die Veranstaltung stieß auf reges Interesse und fand am 10. März 2025 in der Ständigen Vertretung Deutschlands bei der UN statt. Der Schwerpunkt lag auf Strategien gegen Antifeminismus, Solidarität und Hoffnung für gleichstellungspolitischen Widerstand.

Weltweit sind antifeministische und autoritäre Bewegungen auf dem Vormarsch. In einigen Ländern ist es feministischen Bewegungen und demokratischen Parteien jedoch gelungen, das Blatt zu wenden. Ein antidemokratischer Präsident, der bei Wahlen durch die Stimmen der Frauen mit knapper Mehrheit gestürzt wurde, oder eine lautstarke feministische Bewegung, die einen Regierungswechsel herbeiführte, sind Beispiele für solche Hoffnungsschimmer. Andere inspirierende feministische Bewegungen bleiben im Widerstand aktiv.

 

Einstehen für resiliente Demokratie

Judith Rahner, DF-Geschäftsführerin, nahm in der Begrüßungsrede Bezug auf ihre eigenen Erfahrungen bei der Meldestelle Antifeminismus und rief zu mehr Zusammenarbeit und Einstehen für eine resiliente Demokratie auf. Die Parlamentarische Staatssekretärin Ekin Deligöz, die die krankheitsbedingt verhinderte Bundesfrauenministerin Lisa Paus vertrat, wies darauf hin, wie Frauenrechte und die Rechte von Minderheiten von autoritären und rechtsextremen Gruppen angegriffen werden. Es brauche eine neue Form von Storytelling und eine neue Form zusammenzuarbeiten, denn Frauenrechte seien Teil von Demokratie. Die polnische Ministerin für Gleichstellung, Katarzyna Kotula, hatte ebenfalls eine deutliche Botschaft an das Publikum: „Don’t panic, organize!“ Die Gegenspieler seien gut organisiert und wir müssen es auch sein.

 

Gemeinsam Welt feministisch neu denken

Keynote-Rednerin und Direktorin des feministischen Think-and-Do-Tanks Noor, Naureen Shameem, zeigte die Verbindungen zwischen antifeministischen, anti-gender und neofaschistischen Gruppen auf. Ein gemeinsames Ziel sei die Unterdrückung feministischer und anderer emanzipatorischer Bewegungen, vor allem deren Recht auf Protest. Gemeinsam mit transnationalen Bündnissen, eigenen Narrativen und starken Protesten könnten feministische Bewegungen sich dem entgegensetzen, in der Krise eine Chance sehen und die Welt feministisch neu denken. Sie sollten dabei eine führende Rolle einnehmen, um eigene kraftvolle, transformative Visionen umzusetzen. Dazu seien mehr Ressourcen nötig, denn Studien zeigen, dass antifeministische Gruppen dreimal so viel finanzielle Unterstützung zur Verfügung haben.

Mit inspirierenden Beispielen aus Argentinien und Polen zeigten die Panelistinnen in der Folge Strategien auf, um sich gegen die Politik der patriarchalischen Dystopie durchzusetzen. Natalia Gherardi, Leiterin des Latin American Justice and Gender Teams in Argentinien und Vertreterin des Frauennetzwerk Unidas, schilderte wie wichtig es sei, weiter im Widerstand aktiv zu bleiben, Kräfte zu bündeln und sich strategisch zu vernetzen. Denn die Angriffe richten sich gegen den „Kern unserer demokratischen Systeme“.

 

„Das Patriarchat hängt vom Schweigen der Frauen ab“

Marta Lempart, prominente polnische Feministin, Aktivistin und Anwältin, die vor allem für die Gründung und Leitung des Polnischen Frauenstreiks (Strajk Kobiet) für das Recht auf Abtreibung bekannt ist, rüttelte das Publikum auf: „Wut ist gut. Es ist ein Kampf, wir müssen es auch so bezeichnen und kämpfen.“ Bei den Protesten in Polen kamen 2016 und 2020 insgesamt sechs Millionen Menschen in 600 polnischen Städten zusammen, haben damit die Wahlen beeinflusst und einen Regierungswechsel herbeigeführt.

Die feministische Professorin und Autorin des einflussreichen Werks „In a different Voice“ (1982), Carol Gilligan, analysierte abschließend das aktuelle Weltgeschehen: „Das Patriarchat ist für den Menschen unnatürlich. Es hängt vom Schweigen der Frauen ab. Es gibt nichts Bedrohlicheres für das Patriarchat als die Stimme der Frauen.“ Daher müssten Frauen weiter ihre Stimme erheben und gemeinsam laut werden.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Caroline Ausserer und konzeptionell vorbereitet von Monika Remé, beide sind DF-Referentinnen für Internationales.

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