Feministische Außenpolitik und internationale Zusammenarbeit

Feministische Außenpolitik und internationale Zusammenarbeit

Thema "Halbzeitbilanz 2023" | 30. November 2023

Geschlechtergerechtigkeit muss handlungsleitend für Außenpolitik und internationale Zusammenarbeit werden. Als einer der einflussreichsten Staaten der EU und Mitglied der G7/G20 trägt Deutschland über seine Grenzen hinaus Verantwortung und hat sich in den UN-Nachhaltigkeitszielen dazu verpflichtet, bis 2030 die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen.

Deutschland nimmt mit den „Leitlinien für eine feministische Außenpolitik“ und der „Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik“ international eine Vorreiterrolle ein. Die Leitlinien wurden im Frühjahr 2023 vom AA und BMZ veröffentlicht und bauen auf dem im Koalitionsvertrag angekündigten drei R + D-Ansatz auf (Repräsentation, Ressourcen und Rechte + Diversität). Auch wenn die zwei Ressorts hier federführend sind, kann feministische Außen- und Entwicklungspolitik nur gelingen, wenn sie ressortübergreifend gestaltet und getragen wird. Mit Sorge beobachtet der DF die Kürzungen im humanitären und im Entwicklungsetat.
Da das BMZ noch in dieser Legislaturperiode mit 93 Prozent der neuen Projekte Gleichstellung fördern will, ist die feministische Entwicklungspolitik von diesen Kürzungen im Kern betroffen. Dass das Ministerium verstärkt Gender-Daten erheben und nutzen möchte und bereits jetzt eine feministische Evaluierung ankündigt, kann dagegen wichtige institutionelle Veränderungen mit sich bringen. Der DF begrüßt auch den intersektionalen Ansatz, der die Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik durchzieht.

Das Auswärtige Amt stößt mit den Leitlinien insbesondere nach innen einen wichtigen und überfälligen Kulturwandel an, der die Repräsentation von Frauen und marginalisierten Gruppen in der deutschen Außenpolitik deutlich erhöhen kann. Positiv hervorzuheben ist auch, dass das Amt Ressourcen geschlechtergerecht verteilen und Gender Budgeting bis zum Ende der Legislatur auf den ganzen Projekthaushalt ausweiten will. Die Möglichkeiten, die die Leitlinien hier eröffnen, gilt es in der zweiten Hälfte der Legislatur einzulösen und zu verstetigen.

In Bezug auf die Rechte von Frauen und marginalisierten Gruppen, in migrations-, wirtschafts-, aber auch in friedenspolitischer Hinsicht weisen die Leitlinien jedoch Lücken auf bzw. fehlt die feministische Perspektive. Der DF positioniert sich klar für die Rechte von Frauen auf der Flucht, Migrantinnen und Betroffenen von Menschenhandel und erwartet auch hier eine feministische Ausrichtung der Außenpolitik. Dass zur Mitte der Legislatur noch immer kein Gesetzesentwurf für ein geschlechtersensibles, restriktives Rüstungsexportkontrollgesetz vorliegt, kritisiert der DF.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, die Bekämpfung von Menschenhandel ressortübergreifend zu koordinieren, die Unterstützungssysteme für Betroffene zu verbessern und ihre Rechte zu stärken. Zwar wurde eine neue Berichterstattungsstelle geschaffen und die Erarbeitung eines Nationalen Aktionsplans zur Bekämpfung des Menschenhandels gestartet, doch die Stärkung von Unterstützungsstrukturen und Opferrechten steht weiter aus. Ein weiterer beim BMAS liegender Nationaler Aktionsplan gegen Arbeitsausbeutung und Zwangsarbeit ist nicht im Sinne einer Gesamtstrategie mit einer ressortübergreifenden Koordinierung. Der DF fordert die Bundesregierung auf, ein politisches Gesamtkonzept vorzulegen sowie Betroffenen unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus umfassende Schutzrechte und ein sicheres Bleiberecht zu gewähren.

Im Koalitionsvertrag bekräftigt die Ampel, ihren Verpflichtungen aus der UN-Frauenrechtskonvention (CEDAW) nachzukommen. Bei der diesjährigen Staatenanhörung der Bundesregierung zum 9. Staatenbericht vor dem CEDAW-Ausschuss der Vereinten Nationen attestierte der Ausschuss Deutschland, die Frauenrechtskonvention in vielen Bereichen nicht bzw. nur unzureichend umzusetzen. Die Konvention muss Basis politischen Handelns werden – auf allen politischen Ebenen. Auch in der Rechtsprechung wird die Konvention zu selten berücksichtigt. Die Anwendung der Konvention muss in der juristischen Aus- und Fortbildung vermittelt werden. Der DF fordert ein staatliches Monitoring und die Aufnahme eines Nationalen Aktionsplans in die Weiterentwicklung der Gleichstellungsstrategie mit zivilgesellschaftlichem Beteiligungsverfahren.

Im Koalitionsvertrag verschreibt sich die Ampel-Koalition einer „intersektionalen Gleichstellungspolitik international und in der EU“. Handlungsweisend dazu sind für die EU die Umsetzung der EU-Gleichstellungsstrategie 2020-2025, sowie des Gender Action Plans III (GAP) zur Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit in der EU-Außenpolitik.

Bei den Trilog-Verhandlungen über eine EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bremst die Bundesregierung. Der DF fordert Vergewaltigung als Tatbestand aufzunehmen und kritisiert die Haltung der Bundesregierung, die mit Verweis auf unionsrechtliche Bedenken hier aktuell blockiert. Bei den aktuellen Verhandlungen um ein wirksames EU-Lieferkettengesetz wiederum ist ein umfassender Menschenrechtsschutz in Gefahr. Der DF fordert die Bundesregierung auf, in der Richtlinie die Frauenrechtskonvention CEDAW, die Istanbul Konvention sowie die ILO-Übereinkommen 177 und 190 zu berücksichtigen und einen umfassenden Menschenrechtsschutz zu gewährleisten.

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